Auf der Website ch.indymedia.org wurde im Juli 2008 über das Sempacher Schlachtfest und dessen Teilnehmer berichtet. In diesem Zusammenhang wurde der EDÖB von den Medien angefragt, ob eine Berichterstattung, in der Bildaufnahmen einzelner identifizierbarer Personen veröffentlich werden, aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig ist. Der EDÖB betont, dass hier eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und der Privatsphäre erforderlich ist.
Internet-Veröffentlichung von Personendaten im Rahmen der Berichterstattung über öffentliche Veranstaltungen
Grundsätzlich sei angemerkt, dass Teilnehmer an einer öffentlichen Veranstaltung damit rechnen müssen, im Rahmen einer Berichterstattung erwähnt bzw. fotografisch abgebildet zu werden. Diese hat sich allerdings bei der Auswahl der Bilder auf die im öffentlichen Interesse liegenden Aspekte der Veranstaltung (Veranstaltung selbst, besondere Vorkommnisse etc.) zu beschränken. In einem solchen Zusammenhang kann die Abbildung von Personen zwar heikel sein, stellt aber grundsätzlich kein rechtliches Problem dar. Die vom EDÖB gemachten Aussagen in diesem Sinne bezogen sich auf die allgemeine und übliche Berichterstattung, mit welcher Privatpersonen beim Besuch einer öffentlichen Veranstaltung grundsätzlich rechnen müssen.
Im Hinblick auf den Bericht bei Indymedia ist daher zu präzisieren, dass eine systematische und individuelle Porträtierung einen anderen Sachverhalt darstellt, welcher nicht mehr im Rahmen der üblichen Berichterstattung über eine Veranstaltung liegt. Sie wirft daher verschiedene datenschutzrechtliche Fragen auf. Insbesondere im Spannungsfeld zwischen der Pressefreiheit und den persönlichen Interessen der betroffenen Personen muss eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und der Privatsphäre vorgenommen werden. Hierbei gilt es zu beachten, dass die blosse Teilnahme einer Person an einem öffentlichen Anlass deren gezielte Abbildung und Identifikation in der Regel nicht rechtfertigt. Nur wenn ein spezielles öffentliches Interesse an einer einzelnen Person besteht, darf diese bei der Berichterstattung im Vordergrund stehen.
Eine anonymen Berichterstattung, wie sie bei Indymedia häufig vorgenommen wird, ermöglicht in vielen Fällen erst eine freie Meinungsäusserung. Sie stellt damit einen wichtigen Bestandteil der Pressefreiheit dar. Auf der anderen Seite bewirkt eine solche in bestimmten Fällen auch, dass eine hierdurch verursachte Persönlichkeitsverletzung kaum geahndet und behoben werden kann.
Noch schwieriger wird es, wenn die Verletzung über eine Internetseite begangen wird, die im (nichteuropäischen) Ausland gehostet wird. Die Website von Indymedia wird beispielsweise in Brasilien gehostet. Ein Eingreifen von Datenschutzbehörden aufgrund nationaler Datenschutzgesetzgebungen bzw. auf dem Rechtshilfeweg ist in solchen Fällen fast unmöglich. Daher macht der EDÖB einmal mehr auf die Schwierigkeit aufmerksam, den Datenschutz in einem weltumspannenden Medium wie dem Internet durchzusetzen.
Letzte Änderung 23.07.2008