Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Überwachung von Angestellten: Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Videoüberwachung wird in zahlreichen Gastronomiebetrieben und Geschäften eingesetzt, oft mit der Begründung, vor Diebstahl zu schützen oder Vandalismus vorzubeugen. Nicht selten geht dabei jedoch vergessen, dass auch das Personal gefilmt wird, was datenschutzrechtlich problematisch ist.

Zunehmender Einsatz von
Videoüberwachung

 

Die Erfahrung zeigt, dass Videoüberwachungsgeräte
und gerade die immer weiter verbreiteten Webcams bei Angestellten Unbehagen
wecken. Die Geräte können das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und damit
die Arbeitsfähigkeit des Personals beeinträchtigen. Es liegt daher im Interesse
aller Beteiligten, Videoüberwachungsgeräte nur dann einzusetzen, wenn weniger
einschneidende Massnahmen den erwünschten Zweck nicht erfüllen.

Rechtlicher Rahmen

Systeme zur Überwachung des Verhaltens von Angestellten sind verboten. Ist eine Überwachung aus anderen Gründen erforderlich (Überwachung der Leistung, der Sicherheit oder der Produktion), ist diese so umzusetzen, dass die Gesundheit und Bewegungsfreiheit der Angestellten nicht beeinträchtigt werden.Bei der Einrichtung eines Videoüberwachungssystems in einem Unternehmen ist Artikel 31 des Datenschutzgesetzes (DSG) zu beachten. Er besagt, dass eine Persönlichkeitsverletzung widerrechtlich ist, wenn sie nicht durch die Einwilligung der betroffenen Person, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. Ebenso müssen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und von Treu und Glauben sowie das Öffentlichkeitsprinzip eingehalten werden (Art. 6 DSG).

Es ist wichtig, dass die Einwilligung im Arbeitsverhältnis nur begrenzt gilt, da Angestellte aufgrund ihrer untergeordneten Stellung beschränkte Entscheidungsfreiheit haben. Ausserdem müssen Angestellte vor dem Einsatz einer Videoüberwachungsanlage darüber informiert werden (Informationspflicht aufgrund des Öffentlichkeitsprinzips). Ebenso sind die Angestellten darauf hinzuweisen, dass sie jederzeit von ihrem Auskunftsrecht nach Artikel 25 DSG Gebrauch machen können. Der Arbeitgeber darf Daten über Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie die Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind (Art. 328b des Obligationenrechts [OR]).

Der Arbeitgeber muss die Gesundheit und die Persönlichkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schützen (Art. 328 OR). Videoüberwachungssysteme zur gezielten Überwachung des Verhaltens der Angestellten sind verboten (Art. 26 Abs. 1 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz [ArGV 3]), weil sie die Persönlichkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verletzen. Auch die Gesundheit von Angestellten kann bei permanenter Überwachung gefährdet werden, da sie sich unter Umständen ständig unter Druck fühlen. Eine nicht erwähnte (versteckte) Verhaltensüberwachung von Angestellten stellt ausserdem eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 6 Abs. 2 DSG) dar. Ist eine Videoüberwachung aus anderen Gründen erforderlich, ist sie so zu gestalten, dass die Gesundheit und Bewegungsfreiheit der Angestellten nicht beeinträchtigt werden.

Voraussetzungen für die Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Grundsätzlich sollten Videoüberwachungsanlagen am Arbeitsplatz nur dann eingesetzt werden, wenn weniger einschneidende Massnahmen den erwünschten Zweck nicht erfüllen. Eine Videoüberwachung kann aus organisatorischen Gründen, aus Gründen der Sicherheit oder für das Produktionsmanagement zulässig sein. Angestellte dürfen dabei nicht oder nur ausnahmsweise von der Kamera erfasst sein, da ihre Gesundheit sonst gefährdet werden kann. Denkbar sind Videokameras ausserhalb der Gebäude und auf Parkplätzen, bei Zugängen oder in Eingängen, in Durchgängen, bei gefährlichen Maschinen und Anlagen, in Tresorräumen, bei Gaslagern im Freien, in Lagern mit gefährlichen oder wertvollen Gütern oder bei Bankschaltern. Bei öffentlichen Plätzen muss die Bewilligungspflicht vorgängig mit der zuständigen Gemeinde geklärt werden. Die überwachten Bereiche sind mit Hinweisschildern oder Piktogrammen zu signalisieren.

Denkbar sind auch zeitlich beschränkte Videoüberwachungen der Angestellten zu Schulungszwecken. Dies ist mit dem Schutz der Persönlichkeit vereinbar, da die Angestellten über die punktuellen Aufnahmen informiert werden. Die Aufnahmeperioden müssen so kurz wie möglich gehalten, und die Aufnahmen dürfen nicht zur Überwachung des Verhaltens der Angestellten verwendet werden.

Die Aufbewahrung von Aufnahmen muss zeitlich begrenzt sein. Es hängt vom jeweiligen Zweck der Überwachung ab, wie lange die Daten gespeichert werden dürfen. In der Regel hat die Löschung innerhalb von 24 bis 72 Stunden zu erfolgen.
Ist der Einsatz einer Videoüberwachung unumgänglich, empfehlen wir die Verwendung von Technologien zum Schutz der Privatsphäre, zum Beispiel von Verpixelungssoftware. Durch die Verpixelung der gefilmten Gesichter in Echtzeit wird die Privatsphäre gewährleistet. Eine Videoüberwachung benötigt aber auch mit Verpixelungssoftware einen Rechtfertigungsgrund (Art. 31 DSG).

Videoüberwachung bei Straftaten oder Straftatverdachten

Erlaubt ist eine Überwachung von Angestellten bei Straftaten oder Straftatverdachten, wenn die Massnahme nach Einreichung einer Anzeige gegen Unbekannt richterlich oder im Rahmen einer gerichtspolizeilichen Untersuchung angeordnet wurde. Für die Ausübung des Auskunftsrechts im Rahmen eines hängigen Verfahrens ist nicht das DSG, sondern sind die entsprechenden Verfahrensgrundsätze anwendbar (Schweizerische Strafprozessordnung). Möglich ist auch der Einsatz einer Videokamera, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat besteht. Ob die Videoaufnahmen als Beweismittel verwendet werden können, muss das zuständige Gericht beurteilen.

Rechte der betroffenen Personen

Nach Artikel 32 DSG in Verbindung mit den Artikeln 28, 28a und 28g bis i des Zivilgesetzbuches können Angestellte zivilrechtlich vorgehen, wenn sie sich in ihrer Persönlichkeit verletzt fühlen. Sie können verlangen, dass die Datenbearbeitung gesperrt wird, keine Daten an Dritte bekannt gegeben oder die Personendaten berichtigt, gelöscht oder vernichtet werden (Art. 32 Abs. 2 bis 4 DSG). Jede Person kann vom Verantwortlichen Auskunft darüber zu verlangen, ob Daten über sie bearbeitet werden und, wenn ja, in welcher Form dies geschieht (Auskunftsrecht Art. 25 DSG).

Gegebenenfalls können auch strafrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Über das Arbeitsinspektorat ihres Arbeitskantons können Angestellte die Verletzung von Artikel 26 ArGV 3 geltend machen, wenn sie ihre Gesundheit aufgrund von Videoüberwachung am Arbeitsplatz als gefährdet einstufen.

Konkrete Beispiele:

Videoüberwachung auf Baustellen

Heutzutage sind Videoüberwachungen auf Baustellen immer häufiger, einerseits zum Schutz vor Diebstahl, andererseits für Kosteneinsparungen, weil der Baufortschritt überwacht werden kann. Der Zweck der Videoüberwachungen wird den Angestellten oft nicht kommuniziert.

Der Einsatz einer Videokamera in der Nacht ist grundsätzlich gerechtfertigt. Die Überwachungsanlage wird aus Sicherheitsgründen (Prävention von Diebstahl und Vandalismus) in Abwesenheit des Personals betrieben, zum Beispiel mit Bewegungsmeldern. Sie darf folglich nicht auch tagsüber ferngesteuert (z. B. via App) betrieben werden. 

Die Umsetzung einer Videoüberwachung am Tag ist problematisch. Auf den Einsatz einer Videoüberwachungsanlage für die Kontrolle des Baufortschritts sollte grundsätzlich verzichtet werden, weil eine systematische Überwachung der Angestellten dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit widerspricht (Art. 6 Abs. 2 DSG). Eine Überwachungsanlage kann von Angestellten auch als Mittel zur Verhaltensüberwachung empfunden werden. Auch wenn sie vorgängig über die Überwachung informiert werden, können sie sich ständig beobachtet fühlen. Dies umso mehr, da Videokameras in der Regel mit Zoom-Funktionen ausgestattet sind, die eine Identifikation von Personen ermöglichen, und somit zur Verhaltensüberwachung missbraucht werden können.

Auf jeden Fall sollen Videoaufnahmen keine einschneidende Massnahme sein. Die Videoüberwachung auf Baustellen zur Kontrolle des Baufortschritts kann zum Beispiel erlaubt sein (vorbehalten bleibt die Prüfung und Abwägung der Interessen im Einzelfall), wenn tägliche Inspektionen vor Ort nötig, jedoch schwierig sind (Architektinnen und Architekten und/oder Bauherrinnen und Bauherren müssten zur Überprüfung des Baufortschritts täglich von weither kommen). Es wird dabei jedoch vorausgesetzt, dass die betroffenen Personen informiert werden und der Zugriff auf die Aufnahmen beschränkt bleibt.

Videoüberwachung von Kiosk- oder Detailhandelsangestellten

Die Videoüberwachung von Angestellten im Bereich des Detailhandels verletzt deren Privat- oder sogar Intimsphäre. Meist sind die Angestellten gar nicht darüber informiert. Es gilt den Einzelfall zu prüfen, je nach Tätigkeit und Aktionsradius der Angestellten sowie Grösse des Geschäfts (Überwachung ausschliesslich der Arbeit an der Kasse oder z. B auch beim Auffüllen der Gestelle).

Denkbar ist die Überwachung von Angestellten bei Straftaten oder Straftatverdachten (Diebstahlüberwachung), wenn die Massnahme richterlich angeordnet wurde. Allgemein empfiehlt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB), die Aufdeckung von Straftaten und die damit verbundene Videoüberwachung wenn immer möglich der Polizei zu überlassen.

Eine Videokamera, die auf Kassenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter und ihren Arbeitsplatz (Kassenband, Spirituosen, Zigaretten) gerichtet ist, ist auch mit Verpixelungssoftware (siehe oben) nicht zu empfehlen, da sie eine permanente Überwachung darstellen kann. Vielmehr sind hier weniger einschneidende Massnahmen zu prüfen, zum Beispiel abschliessbare Alkohol- und Zigarettenschränke.

Ist die Videoüberwachung eines Ladenbereiches unumgänglich, müssen die Zugriffe auf die Aufnahmen beschränkt und passwortgeschützt sein. Die Positionen und Einstellungen der Videokameras müssen mit dem Personal besprochen werden, damit dieses den unüberwachten Bereich des Ladens kennt. Weiter muss Verpixelungssoftware eingesetzt werden. Die Videokameras bei Bankschaltern, die aus Sicherheitsgründen eingesetzt werden, müssen ebenfalls so positioniert werden, dass sich die Angestellten nur ausnahmsweise im Kamerabereich aufhalten (vorbehalten bleibt die Videoüberwachung von Kunden und anderen Dritten.)

Telefonüberwachung am Arbeitsplatz

Telefonüberwachung am Arbeitsplatz wirft viele Fragen auf. Die Frage, zu welchem Zweck sie zulässig ist, steht dabei im Zentrum.

Datenbearbeitung durch den Arbeitgeber

Welche Daten dürfen Arbeitgeber bearbeiten? Wie müssen sie vorgehen?

Aufzeichnung von Gesprächen

Wer unzulässig ein Gespräch aufzeichnet, kann neben dem Datenschutzgesetz (DSG) auch gegen das Strafgesetzbuch (StGB) verstossen.

Technische Mittel zur Überwachung am Arbeitsplatz

Unternehmen, die technische Mittel zur Überwachung ihrer Angestellten einsetzen, müssen die arbeits- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen einhalten.

Fragen zum Datenschutz

Schauen Sie in unsere FAQ oder rufen Sie unsere Hotline an.

Wichtige Neuerungen

Hier erfahren Sie weiteres über Neuerungen beim Datenschutzgesetz, das am 1.9.2023 in Kraft getreten ist.

Infothek

Hier finden Sie alle Dokumente des EDÖB zum Download.

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Letzte Änderung 11.05.2023

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