Der Arbeitgeber darf den Inhalt von als privat gekennzeichneten oder erkennbaren E-Mails selbst dann nicht lesen, wenn die private Nutzung von E-Mail laut Nutzungsreglement verboten ist. Er darf eine Einhaltung des Nutzungsverbots überwachen, jedoch nur aufgrund der Adressierungselemente. Eine systematische Überwachung von E-Mails durch Spionprogramme (Content Scanner) ist nicht zulässig.
- Darf der Arbeitgeber die E-Mails seiner Angestellten lesen?
- Wo verläuft die Grenze zwischen geschäftlicher und privater Post (elektronisch oder traditionell)?
- Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber auf das elektronische Postfach eines Angestellten, der die Firma verlassen hat, zugreifen?
- Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber auf das elektronische Postfach eines Angestellten, der wegen Krankheit oder sonstigen vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Gründen abwesend ist, zugreifen?
- Unter welchen Bedingungen darf das Sekretariat in einem Unternehmen oder einer Verwaltung die Post eines Angestellten öffnen?
- Wie lange darf/muss der Arbeitgeber die E-Mails seiner Angestellten aufbewahren?
- Können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Informatikdienstes ohne Weiteres auf die E-Mails ihres Unternehmens zugreifen?
Darf der Arbeitgeber die E-Mails seiner Angestellten lesen?
Erlaubt ist dem Arbeitgeber die Leistungs- und Geschäftskontrolle. Das systematische Auswerten von geschäftlichen und nicht ausdrücklich als privat gekennzeichneten E-Mail muss jedoch gerechtfertigt und verhältnismässig sein und den Angestellten im Voraus mitgeteilt werden.
Wo verläuft die Grenze zwischen geschäftlicher und privater Post (elektronisch oder traditionell)?
Der private Charakter eines Briefs, Pakets oder E-Mails kann aus verschiedenen Elementen hervorgehen: Der Brief, das Paket oder die E-Mail kann ausdrücklich als «privat» gekennzeichnet sein oder anhand der Adressierung als solcher erkennbar sein. Es genügt allerdings nicht, bei einem Brief den Personennamen vor dem Firmennamen voranzustellen, ihn als privat zu kennzeichnen. Es muss noch der ausdrückliche Vermerk (persönlich, privat, c/o etc.) stehen. Wenn allerdings äussere Merkmale darauf schliessen lassen, dass der Brief privater Natur ist (Farbe, Format, etc.), ist der Brief ungeöffnet an die betreffende Person weiterzuleiten. Bei Zweifeln nicht öffnen, sondern (evtl. mit entsprechendem Vermerk) weiterleiten.
Bei E-Mails ist es in der Regel schwieriger, ohne weiteres den privaten Charakter einer Nachricht zu erkennen. Auch hier gilt die Regel: Im Zweifelsfall nicht lesen, da der private Postverkehr einen uneingeschränkten Schutz (Postgeheimnis) geniesst, sondern den Empfänger auf das Problem aufmerksam machen und ihn fragen, ob die betreffende Post privat ist oder nicht.
Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber auf das elektronische Postfach eines Angestellten, der die Firma verlassen hat, zugreifen?
Wenn ein Angestellter die Firma verlässt, muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, alle privaten Elemente aus seinem Postfach mitzunehmen (genauso wie alle anderen persönlichen Daten). Die geschäftlichen Elemente, die weiterhin benötigt werden oder noch in Bearbeitung sind, sind an den Stellvertreter oder zuständigen Vorgesetzten weiterzuleiten. Am Ende des letzten Arbeitstags des betreffenden Angestellten wird sein Postfach geleert und blockiert.
Unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber auf das elektronische Postfach eines Angestellten, der wegen Krankheit oder sonstigen vorhersehbaren oder unvorhersehbaren Gründen abwesend ist, zugreifen?
Es ist empfehlenswert, dass für jeden Angestellten ein Stellvertreter mit eingeschränktem Zugriff auf das Postfach ernannt wird (die privaten Elemente sollten vom Zugriff ausgeschlossen sein). Im Falle einer vorhersehbaren Abwesenheit kann der betroffene Angestellte eine entsprechende Abwesenheitsmeldung festlegen, mit der jede eingehende Nachricht automatisch beantwortet wird. Ausserdem kann eine automatische Weiterleitungsregel definiert werden, die jede eingehende Nachricht an den Stellvertreter übermittelt. Diese Massnahme ist allerdings problematisch, weil erstens nicht ohne weiteres sichergestellt werden kann, dass nicht auch private Elemente weitergeleitet werden, und weil zweitens der Absender keine Möglichkeit hat, die Weiterleitung zu verhindern. Sinnvoller ist daher eine Abwesenheitsmeldung, die die E-Mail-Adresse des Stellvertreters angibt. Auf diese Weise steht es dem Absender frei, die Mail an den Stellvertreter zu senden oder nicht.
Ferner sollte erwogen werden, ob als Ergänzung zu einer personenbezogenen E-Mail-Adresse (hans.meier@firma.ch) die Schaffung einer funktionsbezogenen unpersönlichen Adresse (verkaufsleitung@firma.ch) sinnvoll wäre. Diese Lösung hat mehrere Vorteil: Zum einen ist der geschäftliche Charakter der an diese Adresse gesandten E-Mail sofort ersichtlich; zum anderen haben Personalfluktuationen keine negativen Auswirkungen auf den E-Mail-Verkehr, sofern nur eine bestimmte Person, nicht aber deren Funktion innerhalb der Firma wegfällt.
Unter welchen Bedingungen darf das Sekretariat in einem Unternehmen oder einer Verwaltung die Post eines Angestellten öffnen?
Das Sekretariat darf die Geschäftspost öffnen. Die private Post, die ein Angestellter an seinem Arbeitsplatz erhält, geniesst einen uneingeschränkten Schutz. Dabei ist es natürlich erforderlich, dass der private Charakter eines Briefes oder Pakets ohne weiteres ersichtlich ist.
Der private Charakter eines Brief oder Pakets kann aus verschiedenen Elementen hervorgehen: Der Brief bzw. das Paket kann ausdrücklich als «privat» gekennzeichnet sein oder anhand der Adressierung als solcher erkennbar sein (Hans Meier, c/o Firma AG). Es genügt allerdings nicht, bei einem Brief den Personennamen vor dem Firmennamen voranzustellen, ihn als privat zu kennzeichnen. Es muss noch der ausdrückliche Vermerk (persönlich, privat, c/o etc.) stehen. Wenn allerdings äussere Merkmale darauf schliessen lassen, dass der Brief privater Natur ist (Farbe, Format, etc.), ist der Brief ungeöffnet an die betreffende Person weiterzuleiten. Bei Zweifeln nicht öffnen, sondern (evtl. mit entsprechendem Vermerk) weiterleiten.
Wie lange darf/muss der Arbeitgeber die E-Mails seiner Angestellten aufbewahren?
Die Aufbewahrungsdauer von E-Mails ist gesetzlich nicht geregelt. Es gelten aber sinngemäss die gleichen Regeln wie für die Aufbewahrung von klassischen Geschäftsdokumenten: Falls diese buchführungspflichtig sind, gilt eine Aufbewahrungsdauer von 10 Jahren. Ansonsten richtet sich die Aufbewahrungsdauer nach dem Zweckbindungs- und Verhältnismässigkeitsprinzip gemäss Art. 4 Abs. 2 und 3 Datenschutzgesetz (DSG). Sobald der Zweck eines Dokumentes erfüllt ist, ist es zu vernichten bzw. zu archivieren.
Können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Informatikdienstes ohne Weiteres auf die E-Mails ihres Unternehmens zugreifen?
Die Informatikfachleute können sich nicht problemlos das Recht herausnehmen, auf private oder persönliche Informationen innerhalb eines Unternehmens zuzugreifen. Mit anderen Worten, auch wenn es technisch möglich ist, auf die entsprechenden Daten zuzugreifen, lässt sich daraus nicht automatisch das Recht ableiten, dies auch zu tun. Im Gegenteil, die Informatikfachleute sind gegenüber dem Arbeitgeber zu Loyalität verpflichtet und zur Geheimhaltung vertraulicher Informationen. Insbesondere müssen sie sich an die Anforderungen des Datenschutzgesetzes halten, namentlich an die Grundsätze der Rechtmässigkeit der Beschaffung, von Treu und Glauben und der Zweckbestimmung. Nur in Ausnahmefällen und nur wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, können sie dazu ermächtigt werden, auf solche Informationen zuzugreifen.
In Unternehmen empfiehlt es sich, einerseits ein Reglement für die Informatikfachleute zu erstellen, das diese Grundsätze berücksichtigt, und andererseits die Zugriffe auf den Mail-Server und andere Datenbanken mit besonders schützenswerten Daten innerhalb des Unternehmens zu protokollieren.
Greifen Informatikfachleute entgegen diesen Regeln trotzdem auf E-Mails zu, so handelt es sich um eine widerrechtliche Verletzung der Privatsphäre der betroffenen Person. Wer so handelt, wird aufgrund des Datenschutzgesetzes zunächst zivilrechtlich, wenn nötig aber auch strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen. Die in ihren Persönlichkeitsrechten verletzten Personen können beim Arbeitsgericht eine Zivilklage einreichen. Das Verfahren ist einfach, rasch und unentgeltlich.