Mise en œuvre
Ce site énonce d’une part un certain nombre de questions qui ont été régulièrement soulevées au cours des travaux accomplis dans le contexte de la loi sur la transparence. Il présente d’autre part les réponses qui ont été apportées par l’Office fédéral de la justice (OFJ) et le Préposé fédéral à la protection des données et à la transparence (PFPDT) lors des journées sur la transparence des 24 février 2012 et 14 juin 2013.
En raison de la modification de la loi sur la transparence concernant les émoluments et de la révision totale de la loi sur la protection des données, les FAQ concernant ces aspects ne sont plus à jour.
1. Allgemeines
1.1. Fragen 2006-2011
Frage: Verschiedene Bundesstellen beteiligen sich an internationalen Datenaustauschprogrammen. Wie wird der Gefahr begegnet, dass diese Behörden allenfalls keine Daten mehr erhalten werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass diese in der Schweiz Dritten zugänglich sind?
Antwort: Da die überwiegende Zahl der Industrieländer das Öffentlichkeitsprinzip kennt, ist unwahrscheinlich, dass dessen Einführung in der Schweiz den internationalen Datenaustausch gefährdet. Der Zugang zu Daten, die auf diesen Kanälen empfangen werden, ist gegebenenfalls in Anwendung einer Ausnahmeklausel aufzuschieben, zu beschränken oder zu verweigern. Zu denken ist an den Schutz internationaler Beziehungen oder von Geschäftsgeheimnissen. Informationen, welche durch die Behörde selbst gewerblich genutzt werden, sind vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ohnehin ausgenommen.
(Verweise: Art. 7 Abs. 1 Bst. d und g BGÖ; BBl 2003 2010 ff)
Frage: Wenn das Öffentlichkeitsprinzip die Regel und die Geheimhaltung die Ausnahme ist, welche Bedeutung verbleibt dann für das Amtsgeheimnis?
Antwort: Das Amtsgeheimnis ist in seiner Tragweite indirekt neu definiert. Dem Amtsgeheimnis unterliegen nur noch Informationen, die nicht in den Geltungsbereich des BGÖ fallen, die durch spezialgesetzliche Bestimmungen als geheim erklärt werden oder die unter eine der im Öffentlichkeitsgesetz selbst vorgesehenen Ausnahmebestimmungen fallen.
Dies bedeutet indessen nicht, dass alle Informationen, die nicht nach dem Öffentlichkeitsgesetz zugänglich sind, automatisch dem Amtsgeheimnis unterliegen. Das Amtsgeheimnis gilt nur dann, wenn die Information selbst tatsächlich ein Geheimnis darstellen (also insb. nicht ohnehin allgemein bekannt sind). Dies ist per Definition dann nicht mehr der Fall, wenn die zuständige Stelle entscheidet, dass die Information publik gemacht werden soll, denn dann fehlt es am Geheimhaltungswillen des "Geheimnisherrn".
(Verweise: Art. 3, 4 und 8 BGÖ; BBl 2003 1989 f., 2013 ff.; Handkommentar BGÖ, Art. 4 Rz. 12.)
Frage: Besteht aufgrund der Ermessensspielräume, die das Öffentlichkeitsgesetz einräumt, nicht ein Risiko für die Angestellten des Bundes, wegen Amtsgeheimnisverletzung strafrechtlich verfolgt zu werden, wenn sie ein Dokument zugänglich machen, etwa wenn sich erst nachträglich herausstellt, dass ein bestimmtes Dokument ein Geschäftsgeheimnis enthielt?
Antwort: Voraussetzung einer Amtsgeheimnisverletzung im Sinne des Strafgesetzbuches ist, dass die Täterin oder der Täter vorsätzlich oder eventualvorsätzlich handelt, dass sie oder er also weiss, dass ein Geheimnis vorliegt, und dieses Geheimnis mit Absicht unbefugten Personen bekannt gibt.
Frage: Wird der Bund haftbar, wenn ein Dokument zugänglich gemacht wird und dies für Dritte zu einem Schaden führt? Unter welchen Voraussetzungen müsste die zuständige Sachbearbeiterin oder der zuständige Sachbearbeiter für einen Schaden aufkommen?
Antwort: Der Bund haftet für eine schädigende Informationstätigkeit nur dann, wenn diese Tätigkeit widerrechtlich ist. Wenn ein Dokument zu Recht zugänglich gemacht wird, ist eine Haftungsfolge ausgeschlossen.Ist ein Schaden entstanden und hat sich im Nachhinein gezeigt (z.B. durch einen Gerichtsentscheid), dass ein Dokument zu Unrecht zugänglich gemacht wurde, so ist ein Rückgriff auf die handelnde Amtsperson, also die zuständige Sachbearbeiterin oder den zuständigen Sachbearbeiter, nur denkbar, wenn diese oder dieser den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat.
Auch hier gilt also, dass kein Risiko besteht, wenn die Beurteilung der Zugänglichkeit eines Dokuments sorgfältig und im Rahmen des festgelegten Verfahrens durchgeführt wird.
1.2 Fragen 2012
Frage: Kann eine Behörde gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Zugang zu amtlichen Do-kumenten erhalten und so die Regelungen zur Amtshilfe umgehen?
Antwort: Nach Artikel 6 BGÖ hat jede natürliche oder juristische Person das Recht, amtliche Dokumente einzusehen. Hingegen verleiht das BGÖ Gemeinwesen keinen privilegierten Zugang zu amtlichen Dokumenten. Eine Behörde kann sich formell also nicht auf das Öffentlichkeitsgesetz berufen, um von einer anderen Behörde Informationen zu erhalten.
Angenommen eine natürliche Person stellt in ihrem eigenen Namen ein Zugangsgesuch, um für die Behörde, für die sie arbeitet, etwas in Erfahrung zu bringen, so prüft die für die Bear-beitung des Gesuchs zuständige Behörde nicht, ob die Person berechtigt ist, ein Gesuch zu stellen; das Öffentlichkeitsgesetz sieht nicht vor, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen, damit ein Gesuch gestellt werden kann. Ist das Dokument nach dem Öffentlichkeitsgesetz zugänglich, so hat die gesuchstellende Person das Recht, es einzusehen und die Behörde, für die sie arbeitet, zu informieren.
Amtshilfegesuche betreffen in der Regel Dokumente, die Personendaten enthalten. Nach dem Öffentlichkeitsgesetz kann der Zugang zu Dokumenten eingeschränkt werden, wenn durch seine Gewährung die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt werden kann (Art. 7 Abs. 2 BGÖ). Zudem sind amtliche Dokumente, die Personendaten enthalten, nach Möglichkeit vor der Einsichtnahme zu anonymisieren (Art. 9 BGÖ); ist dies nicht möglich, so gelten die Voraussetzungen nach Artikel 19 DSG (vgl. Ziff. 3.1.3: Dokumente, die Personendaten enthalten). Dokumente, die Personendaten enthalten, sind also grundsätzlich nicht nach dem Öf-fentlichkeitsgesetz zugänglich und die Behörde kann sie nur über ein Amtshilfeverfahren erhalten. Deshalb besteht für Dokumente, die nach dem Öffentlichkeitsgesetz nicht zugänglich sind, auch keine Gefahr, dass die Regelungen zur Amtshilfe umgangen werden. Für öffentlich zugängliche Dokumente bleibt das Risiko theoretisch.
(Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 6 Rz. 20-25.)
2. Geltungsbereich
2.1. Fragen 2006-2011
Frage: Verpflichtet das Öffentlichkeitsgesetz die Behörden auch dazu, bestimmte Dokumente von sich aus zugänglich zu machen (Bring-Prinzip)?
Antwort: Das Öffentlichkeitsgesetz regelt nur den Zugang zu amtlichen Dokumenten auf Gesuch hin (Hol-Prinzip). Es verpflichtet nicht zur Publikation bestimmter Dokumente und es stellt keine Rechtsgrundlage zur Publikation bestimmter (insb. personenbezogener) Informationen dar. Es sieht auch keine Einschränkungen der aktiven Informationstätigkeit der Behörden vor.
Die Verordnung sieht vor, dass wichtige Dokumente so schnell wie möglich zu publizieren sind. Welche Dokumente "wichtig" sind, ergibt sich in der Regel aus dem jeweiligen Geschäftskontext. Als wichtige Dokumente gelten insbesondere Dokumente mit besonderer Aussagekraft für die breite Öffentlichkeit, z.B. Dokumente, die zu einer bestimmten Fragestellung eine Übersicht bieten, die Varianten aufzeigen etc. Zudem sind die Behörden dazu verpflichtet, Informationen über die verfügbaren Informationen zu veröffentlichen.
(Verweise: Art. 17 ff. VBGÖ; Erläuterungen VBGÖ Ziff. 7.2 ff.; Handkommentar BGÖ, Einleitung Rz. 86 ff.; Handkommentar BGÖ, Art. 6 Rz. 62 ff.)
Frage: Können Private Informations- bzw. Datenbestände, die von Behörden kommerziell genutzt werden, aufgrund des Öffentlichkeitsprinzips gratis erhalten und ihrerseits entsprechende Produkte auf dem Markt anbieten?
Antwort: Informationen, welche durch die Behörde selbst kommerziell genutzt werden, sind vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ausgenommen. Dies gilt auch für Informationen, z.B. Datenbanken, die hauptsächlich zur Herstellung von marktgängigen Produkten dienen.
Rechtsgutachten oder Berichte, die von einer Behörde im Auftrag von Privaten gegen eine Gebühr verfasst werden, gelten nicht als kommerziell genutzte Dokumente. Sie sind also grundsätzlich zugänglich.
(Verweise: Art. 5 Abs. 3 Bst. a BGÖ; Art. 1 Abs. 1 VBGÖ; BBl 2003 1996; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1.1)
Frage: Sind Dokumente von Behörden, Organisationen oder Personen, die dem BGÖ nicht oder nur teilweise unterstellt sind, zugänglich, wenn sie sich im Besitz einer dem Gesetz unterstellten Behörde befinden?
Antwort: Jedes Dokument, dass die im BGÖ festgelegten Kriterien erfüllt, ist als "amtliches Dokument" grundsätzlich zugänglich. Dies gilt insbesondere auch für Dokumente, die einer Behörde von Dritten, die nicht (z.B. Privatpersonen, Unternehmen, Swisscom) oder nur teilweise (z.B. Post, SBB) dem Öffentlichkeitsprinzip unterstehen, übermittelt worden sind. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Dokumente aus einer in- oder ausländischen Quelle stammen. Solche Dokumente sind zugänglich, soweit im konkreten Fall keine Ausnahmebestimmungen nach BGÖ oder spezialgesetzliche Bestimmungen anwendbar sind.
Organisationen, die dem BGÖ nur teilweise unterstellt sind, weil sie nicht zur Bundesverwaltung gehören, aber dennoch Verfügungen erlassen, haben dort als "Dritte" zu gelten, wo sie selbst dem BGÖ nicht unterstehen.
(Verweise: Art. 5 Abs. 1 Bst. b BGÖ; BBl 2003 1993; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1.1.; Handkommentar BGÖ, Art. 5 Rz 18.)
Frage: Gilt das Öffentlichkeitsgesetz auch für ausserparlamentarische Kommissionen?
Antwort: Ja. Ausserparlamentarische Kommissionen sind ihrer Funktion nach entweder Verwaltungs- oder Behördenkommissionen. Verwaltungskommissionen haben beratende und vorbereitende Funktionen; Behördenkommissionen sind mit Entscheidbefugnissen ausgestattet. Diese Kommissionen sind Teil der dezentralen Bundesverwaltung und somit dem BGÖ unterworfen (siehe Ziff. 7.2.6: Ausserparlamentarische Kommissionen und Entscheidungs-kompetenzen).
Expertenkommissionen, Arbeitsgruppen und andere Ad-hoc-Kommissionen, die von der Verwaltung für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden, unterstehen ebenfalls dem Öffent-lichkeitsgesetz.
(Verweise: Art. 2 Abs. 1 Bst. a BGÖ; Art. 7a und 8a Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverord-nung (RVOV; SR 172.010.1); Entscheid BVGer A-1135/2011 vom 7.12.2011 und A-3192/2010 vom 17.06.2011; Entscheid BVGer A-4962/2012 vom 22.4.2013.)
Frage: Gilt das Öffentlichkeitsgesetz auch für Dokumente parlamentarischer Kommissionen, die sich im Besitz der Verwaltung befinden?
Antwort: Die Arbeiten der parlamentarischen Kommissionen bleiben weiterhin vertraulich, wie dies im Parlamentsgesetz vorgesehen ist. Die Vertraulichkeit gilt namentlich für Protokolle der Beratungen in den Kommissionen. Die Parlamentsverwaltungsverordnung regelt den Zugang zu solchen Dokumenten und zu Kommissionsprotokollen (siehe auch Ziff. 4.2.2: An parlamentarische Kommissionen übermittelte Dokumente).
(Verweise: Art. 47 Parlamentsgesetz (ParlG, SR 171.10), Art. 4 ff. Parlamentsverwaltungsverordnung (ParlVV, SR 171.115); Entscheid BVGer A-1135/2011 vom 7.12.2012.)
Frage: Können auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier Einsicht in amtliche Dokumente nach BGÖ verlangen?
Antwort: Die Mitglieder der eidgenössischen Räte haben gestützt auf Artikel 7 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) besonders geregelte Informationsrechte. Sie haben Anspruch darauf, über jede Angelegenheit des Bundes Auskunft zu erhalten und Unterlagen einzusehen, soweit dies für die Ausübung des parlamentarischen Mandates erforderlich ist. Ein ein-zelnes Ratsmitglied hat nach dieser Bestimmung keinen Anspruch auf Informationen, die der unmittelbaren Entscheidfindung des Bundesrates dienen (Mitberichtsunterlagen), die den Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste betreffen oder die aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes vertraulich gehalten werden. Die Informationsrechte der Ratsmitglieder gehen also grundsätzlich weiter als das allgemeine Zugangsrecht nach dem BGÖ.
Kommissionen und Delegationen haben jeweils weiter gehende Informationsrechte als die einzelnen Ratsmitglieder.
Dienststellen der Parlamentsdienste verfügen über die gleichen Informationsrechte wie die Organe der Bundesversammlung, in deren Auftrag sie tätig sind.
(Verweise: Art. 7, 67, 150, 153, 154 und 166 Parlamentsgesetz (ParlG, SR 171.10).)
2.2 Fragen 2012
Frage: Warum hat der Gesetzgeber die Ausnahmen nach Artikel 2 Absatz 2 BGÖ vorgesehen?
Antwort: Der Gesetzgeber hat sich bei der Erarbeitung des Öffentlichkeitsgesetzes für ein System von Ausnahmen entschieden, das auf einer Abwägung der im konkreten Fall vorliegenden Interessen beruht (Art. 7 BGÖ), und nicht für ein System mit Ausnahmen vom Geltungsbereich des Gesetzes. Die Ausnahmen der Schweizerischen Nationalbank und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom Geltungsbereich des Gesetzes haben ausschliesslich politische und historische Gründe (Art. 2 Abs. 2 BGÖ). Sie haben also keinen materiellen Grund.
Frage: Untersteht ein Mitglied des Bundesrats in seiner Funktion als Departementsvorsteher bzw. -vorsteherin dem BGÖ oder nicht?
Antwort: Der Bundesrat bildet in seiner Gesamtheit die Regierung (Art. 1 RVOG). Er trifft seine Entscheide als Kollegium (Art. 12 RVOG). Seine Verhandlungen und das Mitberichtsverfahren sind nicht öffentlich (Art. 21 RVOG). Er leitet zwar die Bundesverwaltung, ist aber als eigenständige Behörde nicht Teil der Verwaltung und untersteht daher nicht dem Öffentlichkeitsgesetz (e contrario Art. 2 Abs. 1 Bst. a BGÖ).
Was die einzelnen Bundesräte und Bundesrätinnen betrifft, muss unterschieden werden, ob sie als Mitglieder des Bundesrats handeln oder als Departementsvorsteher oder vorsteherinnen und somit als Chefs oder Chefinnen der Verwaltung. Handelt ein Bundesrat oder eine Bundesrätin als Chef oder Chefin der Verwaltung, so untersteht er oder sie dem BGÖ. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Bundesrat einen Bürgerbrief beantwortet oder wenn eine Bundesrätin einem Amtsdirektor eine handschriftliche Notiz mit einem bestimmten Auftrag übermittelt.Handelt der Bundesrat oder die Bundesrätin hingegen als Mitglied des Gesamtbundesrats, so untersteht er oder sie dem BGÖ nicht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Bundesrat einen Antrag, eine Informationsnotiz oder ein Aussprachepapier dem Gesamtbundesrat unterbreitet (Roter Ordner). So gilt beispielsweise bei der Ernennung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses eines Amtsdirektors oder einer Amtsdirektorin Folgendes: Sofern die Anstellung oder Aufhebung des Arbeitsverhältnisses eines oder einer Verwaltungsangestellten durch den Bundesrat beschlossen wird (Antrag und Bundesratsbeschluss), handelt es sich um Regierungshandeln des Gesamtbundesrats. Der infolge des Bundesratsbeschlusses ausgearbeitete öffentlich-rechtliche Arbeitsvertrag bzw. Aufhebungsvertrag ist Verwaltungshandeln und unterliegt dem Öffentlichkeitsgesetz.
(Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 2 Rz. 12 ff.; Empfehlung des Beauftragten vom 18.11.2010 (VBS/Inspektionsberichte ND-Aufsicht); Empfehlung des Beauftragten vom 9.12.2010 (EDA/Autorisiertes Interview); Entscheid BVGer A-1156/2011 vom 22.12.2011; Entscheid BVGer A-3609/2010 vom 17.02.2011.)
Frage: Artikel 3 BGÖ schliesst bestimmte Verfahren von seinem sachlichen Geltungsbereich aus. Handelt es sich nur um hängige oder auch um abgeschlossene Verfahren?
Antwort: Dokumente eines erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens sind dem BGÖ unterstellt. Deshalb sind diese Informationen grundsätzlich zugänglich, es sei denn im konkreten Fall sind die Ausnahmen nach den Artikeln 7 und 8 BGÖ anwendbar (vgl. Ziff. 3.1.1 Dokumente, die erstinstanzliche Verwaltungsverfahren betreffen).
Wird eine erstinstanzliche Verfügung angefochten, so übermittelt die zuständige Bundesbehörde die Verfügung, ihre Stellungnahmen und das Dossier an die zuständige Beschwerdeinstanz. Bis zum Beschwerdeentscheid gelten diese Dokumente als Teil eines öffentlich-rechtlichen streitigen Verfahrens vor einer höheren Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts. Für sie gilt daher nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 5 BGÖ das Öffentlichkeitsprinzip nicht. Auf Zugangsgesuche, die während eines hängigen Verfahrens an die erstinstanzliche Behörde oder an die Beschwerdeinstanz gerichtet werden, wird also nicht eingetreten. Sobald das Verfahren abgeschlossen ist, gibt die Beschwerdeinstanz das Original der angefochtenen Verfügung und das Dossier an die erstinstanzliche Behörde zurück. Von diesem Moment an unterstehen die Dokumente wieder dem BGÖ und sind daher grundsätzlich zugänglich. Verfahrensakten wie Schriftenwechsel und Protokolle, die sich im Besitz der erstinstanzlichen Behörde befinden, bleiben aber auch nach Ende des Beschwerdeverfahrens vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen.
Nach Abschluss des Verfahrens legt die Beschwerdeinstanz im ihrem Dossier eine Kopie der angefochtenen Verfügung, die Schriftenwechsel und ein Exemplar des Beschwerdeent-scheids ab. Diese Dokumente sind Verfahrensakten. Die Schriftenwechsel und der Beschwerdeentscheid sind vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes ausgeschlossen. Zudem ist die Beschwerdeinstanz dem BGÖ nicht unterstellt (Art. 2 BGÖ e contrario). Die Verfügung bleibt bei der ersten Instanz gemäss BGÖ zugänglich.
Besondere Bestimmungen in den Bundesgesetzen zur Gerichtsorganisation über die Anwendbarkeit des BGÖ sind Konkretisierungen der Ausnahme nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 5 BGÖ. Der Zugang zu Dokumenten, die Verfahren vor den eidgenössischen Gerichten betreffen, ist demnach vom Geltungsbereich des BGÖ ausgeschlossen, unabhängig davon, ob das Verfahren beim jeweiligen Gericht noch hängig oder abgeschlossen ist. Nach dem Abschluss eines Verfahrens vor einem eidgenössischen Gericht ist grundsätzlich nur der Entscheid für die Öffentlichkeit zugänglich, und zwar in anonymisierter Form.
Aufgrund der Systematik von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a BGÖ können die einzelnen Ausnahmen nach den Ziffern 1–5 untereinander nicht verschieden ausgelegt werden.
(Verweise: BBl 2003 1989; ein Teil der Lehre vertritt eine andere Meinung: Handkommentar BGÖ, Art. 3, Rz. 10 ff.; Bernhard Waldmann/Magnus Oeschger, VwVG Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Art. 26, S. 537–538.)
Frage: Was gilt künftig im Falle von Praxisänderungen bezüglich der Rückwirkung, insbe-sondere bei regelmässig aktualisierten Dokumenten?
Antwort: Diese Frage stellt sich ebenfalls in Bezug auf die Anwendbarkeit des BGÖ auf Dokumente, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erstellt wurden. Gemäss der Übergangsbestimmung in Artikel 23 BGÖ ist das Gesetz auf amtliche Dokumente anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten von einer Behörde erstellt oder empfangen wurden. Das BGÖ enthält hingegen keine Regelung zu amtlichen Dokumenten, die regelmässig aktualisiert werden müssen.
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die zeitliche Anwendbarkeit des Gesetzes nicht der Zeitpunkt massgebend, an dem mit der Erstellung eines Dokuments begonnen wird, sondern der genaue Zeitpunkt, an dem das Dokument definitiv fertig gestellt ist. Jede Aktualisierung eines Dokuments entspricht diesem Zeitpunkt. Es handelt sich also jedes Mal um ein neues amtliches Dokument im Sinne des BGÖ. Andernfalls würde dies nämlich bedeuten, dass Dokumente, die regelmässig aktualisiert werden müssen, zum Beispiel Datenbanken, gar nie unter das BGÖ fallen würden, wenn sie vor dessen Inkrafttreten erstellt wurden. Mit einem solchen Ansatz würde das BGÖ völlig inhaltsleer, was dem Willen des Gesetzgebers widersprechen würde.
Die gleichen Überlegungen gelten für eine Praxisänderung im Zusammenhang mit der Anwendung des BGÖ. Folglich sind Dokumente, die nach einer Praxisänderung angepasst wurden, neue Dokumente, für die das Öffentlichkeitsprinzip gilt.
(Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 23 Rz. 11; Entscheid BVGer A-7369/2006 vom 24.07.2007.)
2.3 Fragen 2013
Frage: Ist eine bei der zuständigen Behörde eingereichte Strafanzeige, die nicht zur Eröffnung eines Verwaltungsstrafverfahrens führt, den Verfahrensakten zuzurechnen, die nicht dem BGÖ unterstehen?
Antwort: Mit einer Strafanzeige wird der Behörde ein Sachverhalt mitgeteilt, der sie zur Er-öffnung eines Strafverfahrens veranlassen soll. Die Strafanzeige ist deshalb dem Strafverfahren im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 BGÖ zuzurechnen. Wie das Strafverfahren ausgeht, ob es eventuell eingestellt oder gar nicht eröffnet wird, ist unter dem Blickwinkel des BGÖ unerheblich.
Eine Anzeige an eine Verwaltungsbehörde nach Art. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrechtes (VStrR; SR 313.0) kann unter Umständen einen doppelten Charakter haben: Einerseits Strafanzeige, anderseits Anzeige an die Verwaltungsbehörde, die bestimmte Tätigkeiten von Privaten zu überwachen hat und gegebenenfalls verwaltungsrechtliche Anordnungen treffen muss. Eine solche Anzeige sollte nach den Regeln des BGÖ behandelt werden, weil eine Ausscheidung des strafrechtlichen Teils kaum praktikabel ist.
Frage: Fallen Aufsichtsbeschwerdeverfahren, die kein Verfahren der Staats- und Verwaltungsrechtspflege im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. a Ziff. 5 BGÖ sind, in den sachlichen Geltungsbereich des BGÖ?
Antwort: Es handelt sich um kein Verfahren der Staats- und Verwaltungsrechtspflege im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. a Ziff. 5 BGÖ.
Grundsätzlich handelt es sich auch nicht um ein erstinstanzliches Verwaltungsverfahren im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b BGÖ. Soweit es im Verwaltungsverfahren keine formelle Eröffnung des Verfahrens gibt, gilt der Grundsatz, dass mit der Einreichung der Klage nicht ein erstinstanzliches Verwaltungsverfahren eröffnet wird.
3. Koordination mit anderen Gesetzen
3.1. Fragen 2006-2011
Frage: Richtet sich auch bei Dokumenten, die erstinstanzliche Verwaltungsverfahren (also Verfahren, die im Erlass einer Verfügung ausmünden) betreffen, der Zugang nach dem einschlägigen Verfahrensrecht (d.h. in der Regel nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz)?
Antwort: Nein. Dokumente, die sich auf ein erstinstanzliches Verfahren beziehen, sind dem Recht auf Zugang nach BGÖ unterstellt. Ebenfalls zum erstinstanzlichen Verfahren gehört ein Einspracheverfahren, das allenfalls (je nach den Spezialregeln zum Verfahren im jeweiligen Sachbereich) vor dem definitiven Entscheid der erstinstanzlich zuständigen Behörde durchzuführen ist. Das Verfahrensrecht gilt aber – wie bisher – für die Einsichtnahme der Parteien in die Verfahrensakten.
Dokumente, die ein erstinstanzliches Verwaltungsverfahren betreffen, sind erst dann zugänglich, wenn die Verfügung rechtskräftig ist.
(Verweise: Art. 3 Abs. 1 Bst. b und Art. 8 Abs. 2 BGÖ; BBl 2003 1989; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1.4.)
Frage: Wann ist davon auszugehen, dass eine spezialgesetzliche Bestimmung bestimmte Informationen als "geheim" bezeichnet und deshalb Vorrang vor dem Zugangsrecht hat?
Antwort: Der Vorbehalt von spezialgesetzlichen Geheimhaltungsbestimmungen gilt immer dann, wenn ein Gesetz bezüglich bestimmter Informationen den Kreis derjenigen, die davon Kenntnis haben dürfen, ausdrücklich beschränkt. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn eine Gesetzesbestimmung von «Geheimhaltungspflicht» spricht, oder davon, dass über bestimmte Tatsachen «Stillschweigen» zu bewahren ist bzw. dass diese «vertraulich» zu behandeln sind.
Es ist dagegen nicht erforderlich, dass die betreffenden Information oder das fragliche Dokument auch formell als GEHEIM klassifiziert ist. Die Klassifizierung als solche kann keinen Vorrang vor dem Recht auf Zugang beanspruchen. Ist ein Dokument klassifiziert, ist zunächst zu prüfen, ob das Dokument entklassifiziert werden kann (vgl. Ziff. 4.2.3: Klassifizierte Dokumente).
(Verweise: Art. 4 Abs. 1 Bst. a BGÖ; Art. 11 Abs. 5 VBGÖ; BBl 2003 1989 f; Leitfaden Gesuchsbeurteilung, Ziff. 4.5.)
Frage: Können Dokumente, die Personendaten enthalten, gestützt auf das BGÖ zugänglich gemacht werden?
Antwort: Grundsätzlich besteht nach Art. 9 Abs. 1 BGÖ eine Anonymisierungspflicht. Auch wenn man ein Dokument anonymisieren kann, muss es aber nur soweit wie möglich anonymisiert werden. Bei diesem Entscheid ist die Behörde an die Verfassung gebunden und muss insbesondere das Rechtsgleichheitsgebot, das Verhältnismässigkeitsprinzip und die Pflicht zur Wahrung des öffentlichen Interesses beachten. Die Anonymisierungspflicht gilt daher nicht absolut, sondern ist im Einzelfall zu beurteilen. Sofern die Privatsphäre der betroffenen Person nicht beeinträchtigt ist, trifft die Behörde keine Anonymisierungspflicht. Eine Anonymisierung könnte in diesen Fällen sogar eine unverhältnismässige Beschränkung des Zugangs-rechts sein. Schliesslich ist stets zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes die Transparenz bezweckt hat.
Bei der Anonymisierung von Dokumenten gilt es, den Personenbezug so zu unterbrechen, dass eine Reidentifikation durch Dritte mit einem verhältnismässigen Aufwand nicht möglich ist (vgl. Ziff. 6.2.2: Richtlinien für das Einschwärzen von Dokumenten).
Ist eine Anonymisierung nicht möglich und liegt keine Zustimmung vor, so erlaubt das Öffentlichkeitsgesetz in Ausnahmefällen das Zugänglichmachen von Dokumenten, die Personendaten enthalten (vgl. Ziff. 3.2.2: Gemischte Gesuche Öffentlichkeitsgesetz/Datenschutzgesetz). Dies ist dann der Fall, wenn überwiegende öffentliche Interessen daran bestehen, den Zugang zu gewähren. Nach Art. 6 Abs. 2 VBGÖ ist ein solches namentlich denkbar, wenn die betroffene Person in einer rechtlichen oder faktischen Beziehung zu einer dem Öffentlichkeits-gesetz unterstehenden Behörde steht, aus der ihr bedeutende Vorteile erwachsen (Art. 6 Abs. 2 Bst. c VBGÖ). Das ist z.B. dann der Fall, wenn es sich um Verträge handelt, die der Staat mit Privaten abgeschlossen hat. Denkbar wäre die Veröffentlichung etwa dann, wenn es um Dokumente geht, die im Zusammenhang mit der Gewährung namhafter wirtschaftlicher Vorteile an Einzelne stehen (Verträge, Subventionen), wenn Inhaber von Bewilligungen und Kon-zessionen betroffen sind oder wenn es sich um Verträge handelt, die der Staat mit Privaten abgeschlossen hat. Es liegt im öffentlichen Interesse zu wissen, wie die Behörde im Einzelfall gehandelt hat und wie Steuergelder eingesetzt werden. Schliesslich ist das BGÖ auch ein Instrument der Korruptions- und Betrugsbekämpfung. Die Betroffenen sind dabei vorgängig anzuhören und können am weiteren Verfahren teilnehmen (vgl. Ziff. 7.2.1–7.2.4: Rechte betroffener Dritter).
(Verweise: Art. 7 Abs. 2, Art. 9 und 11 BGÖ; Art. 6 VBGÖ; Art. 19 Abs. 2 und 4 DSG, Handkommentar BGÖ, Art. 7 Rz. 47; BBl 2003 2012 f, 2016 f., 2022; Bundesamt für Justiz: „Leitfaden Gesuchsbeurteilung und Checkliste“ vom 7. August 2013, S.8, Ziff. 3.1.; Handkommentar zum BGÖ, Art. 9 RZ 20 ff.; Häfeli/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zürich, 2010, RZ 441; Bundesamt für Justiz, Gutachten betreffend die Zugänglichkeit nach dem Öffentlichkeitsgesetz von Abgaben über Beratungsmandate vom 5.07.2012, Ziffer 2.1.4.; Brunner / Flückiger, Nochmals: Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten enthalten, in: Jusletter 4.10.2010, RZ 5, 13; Handkommentar DSG, Art. 19 Abs. 1bis, RZ 48, Zürich 2008.)
3.2 Fragen 2012
Frage: Sind nach Artikel 4 Buchstabe b des Öffentlichkeitsgesetzes nur Spezialbestimmun-gen zur passiven Information vorbehalten oder auch solche zur aktiven Information?
Antwort: In Artikel 4 Buchstabe b BGÖ werden die Spezialgesetze vorbehalten, die eine spezifische Öffentlichkeitsregelung begründen und dabei gewisse Bereiche sowohl bei der passiven wie auch bei der aktiven Information begünstigen. Diese Normen können entweder die vorbehaltlose öffentliche Zugänglichkeit bestimmter Dokumente garantieren (womit die Ausnahmen des BGÖ nicht anwendbar sind), weniger weitgehende Ausnahmen vorsehen, als dies Artikel 7 BGÖ tut, oder auch spezifische Modalitäten für die Einsichtnahme festlegen. Diese Spezialbestimmungen haben Vorrang, wenn sie in Bezug auf den Zugang zu Informationen weiter gehen als das BGÖ. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Spezialbestimmung für die Behörde die Pflicht vorsieht, ein Dokument zu veröffentlichen.
(Verweise: BBl 2003 1989 f.; Handkommentar BGÖ, Art. 4, Rz. 3 ff.; Notiz des BJ vom 3.02.2012 zur Auslegung von Artikel 4 Buchstabe b BGÖ (nur französische Version).)
Frage: Wie soll Artikel 9 Absatz 2 BGÖ i.V.m. Artikel 19 Absatz 1bis DSG ausgelegt werden? Wie ist insbesondere das Zweckbindungserfordernis von Artikel 19 Absatz 1bis Buchstabe a DSG im Zusammenhang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c BGÖ zu verstehen?
Antwort: Betrifft das Zugangsgesuch amtliche Dokumente, die nicht anonymisiert werden können, so dürfen die Bundesorgane gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Personendaten bekannt geben, sofern die Personendaten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen und ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Personendaten besteht (Art. 19 Abs. 1bis DSG).
Zum Zweckbindungsgebot hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt Stellung genommen: „Gemäss Art. 19 Abs. 1bis DSG, mit welchem eine Koordinationsnorm für die Regelung des Zugangs zu amtlichen Dokumenten mit Personendaten geschaffen wurde […], dürfen Bundesorgane gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Personendaten bekannt geben, wenn diese im Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe stehen (Bst. a) und an deren Bekanntgabe ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht (Bst. b; vgl. auch Art. 7 Abs. 2 BGÖ). Die erstgenannte Voraussetzung trägt dem Zweckbindungsgebot Rechnung und ergibt sich für das Öffentlichkeitsgesetz bereits aus der Definition des Begriffs „amtliches Dokument“ in Art. 5 Abs. 1 Bst. c BGÖ […]. Die zweite Voraussetzung verlangt nach einer Abwägung der konkret auf dem Spiel stehenden Interessen."
(Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 5 Rz. 19 ff.; Art. 7 Rz. 79 ff. und Art. 9 Rz. 47; BBl 2003 2033; Basler Kommentar Datenschutzgesetz, Maurer-Lambrou/Vogt (Hrsg.) Basel 2006, Art. 19 Rz. 96; Entscheid BVGer A-1135/2011 vom 7.12.2011.)
Frage: Welche Dokumente sind durch das Urheberrecht geschützt? Wer ist Inhaber oder Inhaberin der Urheberrechte? Welche Nutzungseinschränkungen sind im Urheberrecht vorgesehen?
Antwort: Der Urheberrechtsschutz knüpft am „Werk“ an. Das Urheberechtsgesetz vom 9. Oktober 1992 (URG; SR 231.1) definiert diesen Begriff in Art. 2. Ein Werk im Sinne des Urheberrechts liegt vor, wenn drei Kriterien erfüllt sind: Das Werk muss eine geistige Schöpfung sein, den Bereichen der Literatur und Kunst angehören und einen individuellen Charakter aufweisen (Art. 2 Abs. 1 URG). Damit ist alles vom Urheberrechtsschutz ausgeschlossen, was diese drei Kriterien nicht erfüllt. Im Bereich der amtlichen Dokumente sind das z.B. Verwaltungsformulare oder Standardbriefe.
Amtliche Werke sind im Grundsatz vom Urheberrechtsschutz ausgenommen, da das Interesse an einer ungehinderten Verbreitung gegenüber dem Schutzinteresse des Urhebers überwiegt. Nach Art. 5 URG betrifft dies:
- Gesetze, Verordnungen, völkerrechtliche Verträge und andere amtliche Erlasse. Nicht geschützt sind auch Erlasse unterhalb der Verordnungsstufe wie Rundschreiben, Weisungen oder Auslegungsrichtlinien (Bst. a) und
- Entscheidungen, Protokolle und Berichte von Behörden von öffentlichen Verwaltungen (Bst. b). Dazu gehören z. B. Urteile, Verfügungen, Beschlüsse, amtliche Mitteilungen, Gesetzesbotschaften, Merkblätter und andere Erläuterungen, Kommentare oder Begründungen sowie Vernehmlassungsunterlagen. Ebenso gehören dazu Expertenberichte und Dokumente, die von Kommissionen oder Arbeitsgruppen stammen sowie Gutachten und Expertenberichte, sofern sie in offizielle Berichte integriert wurden und Werke von Privaten, die in Entscheiden, Protokollen und Berichten enthaltenen sind.
Die nicht unter den Werkbegriff nach Art. 2 Abs. 1 URG fallenden und die gemäss Art. 5 URG ausgenommen Inhalte geniessen keinen Urheberrechtsschutz. Sie können frei, auch kommerziell, genutzt werden. Daher ist nur das Öffentlichkeitsprinzip (e contrario Art. 6 Abs. 3 BGÖ) anzuwenden.
Für Inhalte, die den Werkbegriff nach Art. 2 Abs. 1 URG erfüllen und nicht gemäss Art. 5 URG vom Urheberrechtsschutz ausgeschlossen sind, gilt der Vorbehalt von Art. 6 Abs. 3 BGÖ. Bei einem Zugangsgesuch sind für die Beteiligten Art. 2, Art. 5, Art. 10 und 19 URG zentral. Nach Art. 10 URG haben der Urheber oder die Urheberin das ausschliesslich Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird. Für gewisse Nutzungen veröffentlichter geschützter Werke ergibt sich eine Erlaubnis allerdings direkt aus dem Urheberrechtsgesetz. Die wichtigsten Anwendungsfälle sind das Zitatrecht (Art. 25 URG) und die Eigengebrauchsschranke (Art. 19 URG). Die Eigengebrauchsschranke enthält eine umfassen-de Erlaubnis des Privatgebrauchs und eingeschränktere Nutzungsmöglichkeiten für den schulischen Unterricht und die Vervielfältigung zur internen Information und Dokumentation in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen. Ist ein Werk im Handel erhältlich, ist in diesen Fällen eine Vervielfältigung nur auszugsweise zulässig. Der im Gesetz enthaltenen Erlaubnis wegen ist die Nutzung ohne jede Konsultation der berechtigten Personen möglich.
Wer zum Eigengebrauch ermächtigt ist, kann selber Kopien machen, die Kopiergeräte eines Dritten benutzen oder die Kopien durch diese Dritte herstellen lassen. Erfolgt die Kopie durch einen Dritten im Sinne von Art. 19 Abs. 2 URG, liegt keine reine Verwendung des Werkes zum Privatgebrauch mehr vor. Auch in diesen Fällen ist eine Vervielfältigung deshalb nur auszugsweise zulässig, wenn ein Werk im Handel erhältlich ist.
Der Zugang zu einem amtlichen Dokument (BGÖ) und das Recht zum Eigengebrauch (URG) erlauben nicht eine über die konkrete Erlaubnis hinausgehende Vervielfältigung/Verwendung der erstellten bzw. erhaltenen Kopie. Zu beachten ist, dass der Grundsatz des gleichen Zugangs gemäss Art. 2 VBGÖ („access to one, access to all“) die Behörde in dem Sinne bindet, als sie die Zugangsmodalitäten der nachfolgenden Gesuchsteller nicht beeinträchtigen darf. Das Prinzip bedeutet nicht, das Recht der Gesuchstellenden, anderen Personen den Zugang zum erhaltenen amtlichen Dokument zu gewähren, so z.B. durch Aufschaltung der erhaltenen Kopie im Internet. Die Gesuchstellenden haben die Normen des URG zu beachten (das gilt u.a. auch für die Zitierschranken gemäss Art. 25 URG).
Für die Weiterverwendung (unabhängig vom Informationsträger, einschliesslich der Bereitstellung auf einer Internetseite) einer im Rahmen eines Zugangsgesuches erhaltene Kopie, muss die Einwilligung beim Urheber oder der Urheberin (Rechtsinhaberin oder Rechtsinhaber) ein-holen. Die Verwaltung hat gemäss Art. 5 Abs. 2 VBGÖ die gesuchstellende Person bei der Zustellung der Kopie auf die allfälligen Nutzungsbeschränkungen aufmerksam zu machen. Dem behördlichen Hinweis kommt allerdings keine konstitutive Wirkung zu, sondern er hat lediglich den Charakter einer Warnung, weshalb der Hinweis allgemein gehalten sein kann. Somit obliegt es der gesuchstellenden Person zu prüfen, ob die beabsichtigte Verwendung der Dokumente, welche sie gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten hat, mit dem Urheberrecht vereinbar ist. So hat sie insbesondere Art. 10 Abs. 1 URG zu beachten.
Die urheberrechtlichen Schranken könnten die Weiterverbreitung von amtlichen Dokumenten behindern. Stammen diese Dokumente von Dritten, sind die Einschränkungen legitim, da sie mit dem Einreichen des Dokuments nicht automatisch auf ihre ausschliesslichen Rechte verzichtet haben. Hingegen sind die Beschränkungen bei Dokumenten, die von der Verwaltung oder in ihrem Auftrag erstellt wurden und die vom Öffentlichkeitsprinzip erfasst werden, kaum zweckmäßig. Es wäre mit dem Zweck des Öffentlichkeitsprinzips nicht vereinbar, wenn sich die Behörde auf das Urheberrecht beruft, um eine Verbreitung des verlangten Dokuments zu verhindern. Wichtig ist jedoch, dass die Behörde dafür sorgt, dass die Inhaberschaft sowohl für die in der Verwaltung geschaffenen Werken, als auch jene, die extern in Auftrag gegeben wurden, geklärt ist. Werden Dokumente vertraglich oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung eingereicht, ist die Zweckbindungstheorie zu beachten. Wird hingegen ein Dokument der Behörde freiwillig eingereicht und handelt es sich hierbei um ein urheberrechtlich geschütztes Dokument, verbleiben die Urheberrechte beim Autor oder der Autorin.
(Verweise: BBl 2003 1979 f. und 2003 f.; Handkommentar BGÖ Art. 6 RZ 49 ff.; Cherpillod, Stämpflis Handkommentar Urheberrechtsgesetz (URG), Bern 2006, Art. 5 RZ 5, Art. 19 RZ 5 ff.; Barrelet/Egloff: Das neue Urheberrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutz-rechte, Dritte, vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, Bern 2008, Art. 5 RZ 4 ff., Art. 16 Rz 20 ff., Art. 19 Rz 1 ff.; BGE 133 III 473; Botschaft zum Bundesbeschluss über die Genehmigung von zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum und zur Änderung der Urheberrechtsgesetzes, BBl 2005 3389.)
3.3 Fragen 2013
Frage: Wie wird die Koordination von Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) und Datenschutzgesetz (DSG) sichergestellt?
Antwort: Der Gesetzgeber hat das Verhältnis von BGÖ und DSG in den Artikeln 3 Absatz 2, 7 Absatz 2 und 9 BGÖ sowie in Artikel 19 Absatz 1bis und 25bis DSG geregelt.
Vier Situationen sind zu unterscheiden:
- Die gesuchstellende Person verlangt Zugang zu ihren persönlichen Daten:
- Nach Artikel 3 Absatz 2 BGÖ richtet sich der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die persönliche Daten der gesuchstellenden Person enthalten, nach dem DSG. Es handelt sich also um ein Auskunftsgesuch im Sinne von Artikel 8 DSG.
- Wird das Auskunftsrecht eingeschränkt oder verweigert nach Artikel 9 DSG, so muss die Behörde dies der gesuchstellenden Person in Form einer Verfügung im Sinne von Artikel 5 VwVG eröffnen.
- Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
- Die gesuchstellende Person verlangt Zugang zu Dokumenten, die anonymisierbare Daten Dritter enthalten:
- Nach Artikel 9 Absatz 1 BGÖ sind Dokumente, die Personendaten enthalten, nach Möglichkeit vor der Einsichtnahme zu anonymisieren.
- Da es sich um anonymisierte Dokumente handelt, richten sich der Zugang und das Verfahren nach dem BGÖ.
- Die oder der Dritte muss nicht angehört werden (vgl. Ziff. 7.2.4: Anhörung betroffener Dritter).
- Ist die gesuchstellende Person mit der Anonymisierung nicht einverstanden, so kann sie einen Schlichtungsantrag stellen (Art. 13 BGÖ).
- Die gesuchstellende Person kann den Erlass einer Verfügung verlangen (Art. 15 BGÖ).
- Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
- Die gesuchstellende Person verlangt Zugang zu Dokumenten, die nicht anonymisierbare Daten Dritter enthalten:
- Nach Artikel 9 Absatz 2 zweiter Satz BGÖ richtet sich das Zugangsverfahren nach dem BGÖ.
- Der oder die Dritte muss nach Artikel 11 BGÖ angehört werden (vgl. Ziff. 7.2.4: Anhörung betroffener Dritter).
- Der oder die Dritte kann die Rechte geltend machen, die ihm oder ihr nach Artikel 25 DSG zustehen (Art. 25bis DSG).
- Die gesuchstellende Person und der oder die Dritte können einen Schlichtungsantrag stellen (Art. 13 BGÖ); kommt keine Schlichtung zustande, so können sie den Erlass einer Verfügung verlangen (Art. 15 BGÖ).
- Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
- Die gesuchstellende Person verlangt Zugang zu Dokumenten, die sowohl eigene Personendaten als auch persönliche Daten Dritter enthalten: vgl. Ziff. 3.3.2.
Frage: Wie sollen die sogenannten gemischten Gesuche zu Dokumenten, die sowohl Personendaten der gesuchstellenden Person als auch Dritter enthalten, behandelt werden?
Antwort: Im Öffentlichkeitsgesetz sind drei Fälle geregelt:
Erstens sind nach Artikel 9 Absatz 1 BGÖ amtliche Dokumente, die Personendaten enthalten, vor der Einsichtnahme nach Möglichkeit zu anonymisieren. In diesem Fall ist keine Anhörung nach Art. 11 BGÖ durchzuführen.
Zweitens sind Zugangsgesuche, die sich auf amtliche Dokumente beziehen, welche nicht anonymisiert werden können, nach Artikel 19 des Datenschutzgesetzes zu bearbeiten (Art. 9 Abs. 2 BGÖ). Allenfalls ist eine Anhörung nach Art. 11 BGÖ durchzuführen.
Drittens richtet sich der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die persönliche Daten der gesuchstellenden Person enthalten, nach dem Datenschutzgesetz (Art. 3 Abs. 2 BGÖ).
Nicht im BGÖ geregelt ist die Konstellation, in dem die Behörde ein Zugangsgesuch zu einem amtlichen Dokument erhält, in welchem sowohl Personendaten der gesuchstellenden Person (A.) als auch Personendaten von Drittpersonen enthalten sind (z.B. B. und/oder C.). In diesen Fällen spricht man von sog. gemischten Gesuchen.
Weiter ist bei der Bearbeitung eines Zugangsgesuches der Grundsatz der Anonymisierung (Art. 9 Abs. 1 BGÖ) und der Grundsatz des gleichen Zugangs für jede Person zu beachten (Art. 2 VBGÖ).
Können die Personendaten der gesuchstellenden Person A. sowie der Dritten B. und C. anonymisiert werden, würde ein solches amtliches Dokument die Voraussetzungen der Anonymisierungspflicht nach Artikel 9 Absatz 1 BGÖ erfüllen und dem Prinzip des gleichen Zugangs für jede Person (Art. 2 VBGÖ) entsprechen. In diesem Fall würde jedoch der Gesuchsteller ein Dokument erhalten, in welchem seine Personendaten und die Personendaten Dritter eingeschwärzt sind (Einhaltung von Art. 9 Abs. 1 BGÖ und Art. 2 VBGÖ). Zu beachten ist Art. 3 Abs. 2 BGÖ, wonach bei Zugangsgesuchen, die persönliche Daten des Zugangsgesuchstellers erhalten, das Verfahren nach Datenschutzgesetz einzuhalten ist. Deshalb sind bei einem gemischten Gesuch dem Zugangsgesuchsteller A. seine eigene Daten zugänglich zu machen, d.h. seine Personendaten sind nicht zu anonymisieren (Auskunftsbegehren nach Art. 8 DSG, Nachweis der Identität nach Artikel 1 VDSG). In diesem Fall macht die gesuch-stellende Person A. ihr Auskunftsrecht nach Art. 8 DSG geltend. Für den Zugang zu den übrigen im Dokument enthaltenen Personendaten B. und C. ist das Verfahren nach Art. 9 BGÖ massgebend, sofern Person A. den Zugang zu diesen Drittdaten wünscht. Allenfalls sind die betroffenen Drittpersonen nach Art. 11 BGÖ anzuhören. Falls die Behörde dem A. Zugang sowohl zu seinen Personendaten als auch zu jenen des B. und C. gewährt, sollte sie in ihrer Stellungnahme dem A. mitteilen, dass der Zugang gestützt auf DSG und BGÖ gewährt wird.
Kann sich der Gesuchsteller A. nicht eindeutig identifizieren, hat die Behörde das Zugangsgesuch einzig als BGÖ-Gesuch entgegenzunehmen. Andernfalls könnte sich einerseits eine Drittperson über ein Zugangsgesuch auf einfache Weise Personendaten von anderen Personen beschaffen. Ohne eine eindeutige Identifizierung riskiert andererseits die Behörde eine unzulässige Datenbekanntgabe an einen Dritten.
Stellt hingegen eine andere Person, z. B. D., ein Zugangsgesuch zum selben Dokument, welches A. einerseits gestützt auf das Verfahren nach BGÖ (Daten des B. und C.) und anderseits gestützt auf DSG (Daten des A., nach Art. 3 Abs. 2 BGÖ) erhalten hat, ist für alle Personendaten einzig das Verfahren nach BGÖ massgebend, d.h. es gilt Art. 9 Abs. 1 BGÖ. Die Personendaten der Person A. sind gegenüber D. zu anonymisieren, sofern dies möglich ist. Können die Personendaten des A. nicht anonymisiert werden, richtet sich das Verfahren nach Artikel 9 Abs. 2 BGÖ. In diesem Fall ist A. jetzt allenfalls noch anzuhören (Art. 11 BGÖ). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Zugangsgesuch des D. nach BGÖ zu den Personen-daten des A. nicht weiter gehen kann als das Auskunftsrecht des A. nach DSG. Für die Personendaten des B. und C. gilt der Grundsatz des gleichen Zugangs für alle (Art. 2 VBGÖ). Sie sind dem D. zu den gleichen Modalitäten zugänglich zu machen, wie sie bereits dem A. zugänglich gemacht wurden.
(Verweise: BBl 2003 2019; Handkommentar BGÖ, Art. 9 Rz. 15 ff.; Entscheid BVGer A-3192/2010 vom 17.06.2011; Art. 11 Handkommentar BGÖ, Art. 11 Rz. 11 ff.)
Frage: Wie wird die Koordination von Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) und Archivierungsgesetz (BGA) sichergestellt?
Antwort: Der Gesetzgeber hielt es nicht für notwendig, das Verhältnis von Öffentlichkeitsgesetz und Archivierungsgesetz zu regeln. Es ist jedoch vom Grundsatz auszugehen, dass der Zugang zu amtlichen Dokumenten durch deren Ablieferung ins Bundesarchiv nicht erschwert werden darf. Um die Koordination zwischen dem Öffentlichkeitsgesetz und dem Archivierungsgesetz sicherzustellen, müssen deshalb die für die gesuchstellende Person vorteilhaftesten Bestimmungen angewendet werden.
Drei Kategorien von Dokumenten sind zu unterscheiden:
- Die Dokumente sind am Tag ihrer Hinterlegung im Bundesarchiv gemäss BGÖ zugänglich:
- Dokumente, die bereits vor ihrer Ablieferung an das Bundesarchiv öffentlich zugänglich waren, bleiben es auch weiterhin (Art. 9 Abs. 2 BGA).
- Die weniger vorteilhaften Zugangsbeschränkungen des BGA (z. B. Schutzfrist, Auflagen) sind nicht anwendbar.
- Hingegen sind die vorteilhafteren Zugangsmodalitäten des BGA (z. B. unentgeltlicher Zugang) anwendbar.
- Die Dokumente sind am Tag ihrer Hinterlegung im Bundesarchiv gemäss BGÖ nicht zugänglich:
- Soll neu geprüft werden, ob ein Dokument als geheim behandelt wird, sind die vorteilhafteren Bestimmungen des BGÖ anwendbar
- Das Verfahren betreffend die Streitigkeiten richtet sich nach den vorteilhafteren Bestimmungen des BGÖ, insbesondere nach den Bestimmungen über das Schlichtungsverfahren.
- Die Zugangsmodalitäten hingegen richten sich nach den vorteilhafteren Bestimmun-gen des BGA.
- Die archivierten Dokumente fallen nicht unter den Geltungsbereich des BGÖ:
- Anwendbar ist nur die Gesetzgebung zur Archivierung. Sie bestimmt den öffentlichen oder geheimen Status der hinterlegten Dokumente, das Zugangsverfahren und die Rechtsmittel bei Streitigkeiten.
(Verweise: Art. 9 Abs. 2 Archivierungsgesetz (BGA; SR 152.1); Art. 5 Abs. 2 Archivierungsverordnung (VBGA, SR 152.11); BBl 2003 1978 f; Handkommentar BGÖ, Art. 4 Rz. 17.)
Frage: Wie wird die Koordination zwischen Archivierungsgesetz (BGA) und Datenschutzgesetz (DSG) sichergestellt?
Antwort: Die Auskunftserteilung über Dokumente im Bundesarchiv an die betroffenen Personen und die Einsichtsgewährung in diese Dokumente richten sich nach den Bestimmungen des DSG. Auskunftsverweigerungen werden durch die abliefernden Stellen verfügt (Art. 15 BGA). Vor einem abweisenden Entscheid ist die gesuchstellende Person anzuhören (Art. 22 Abs. 1 VBGA). Die betroffene Person kann den Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung verlangen (Art. 22 Abs. 1 VBGA).
Frage: Fallen die Stellungnahmen einer Anhörung gemäss Art. 10 Vernehmlassungsgesetz unter das BGÖ?
Antwort: Die Bestimmungen über die Veröffentlichung bezüglich Unterlagen für ein Vernehmlassungsverfahren und der Unterlagen für eine Anhörung unterscheiden sich.
Im Vernehmlassungsverfahren sind gemäss Artikel 9 des Vernehmlassungsgesetzes (VlG) folgende Unterlagen öffentlich zugänglich:
- die Vernehmlassungsunterlagen (Gesetzesentwurf und erläuternder Bericht);
- die Stellungnahmen nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist;
- die Zusammenstellung der Vernehmlassungsergebnisse nach der Kenntnisnahme durch den Bundesrat.
Artikel 9 VIG ist eine Spezialbestimmung im Sinne von Artikel 4 Buchstabe b BGÖ, wonach spezielle Bestimmungen anderer Bundesgesetze, die vom BGÖ abweichende Voraussetzungen für den Zugang zu bestimmten Informationen vorsehen, vorbehalten bleiben. Das BGÖ und insbesondere seine Ausnahmen gelten also nicht für die Unterlagen des Vernehmlassungsverfahrens (Art. 9 Abs. 3 VlG). Hingegen gilt das BGÖ für den Zugang zu andern Dokumenten, z. B die Stellungnahmen im Rahmen einer Ämterkonsultation.
Artikel 9 VlG ist analog auf Anhörungen nach Art. 10 VIG anwendbar. Mit den Stellungnahmen eines Anhörungsverfahrens ist gleich zu verfahren wie mit den Stellungnahmen eines Vernehmlassungsverfahrens. In der Praxis werden die Stellungnahmen sowohl von Vernehmlassungs- als auch von Anhörungsverfahren aktiv publiziert. Sollten die Stellungnahmen nicht aktiv publiziert werden, so müssen sie durch Gewährung der Einsichtnahme zugänglich gemacht werden (passiv). Dem Grundsatz der „Öffentlichkeit“ (Sachüberschrift von Art. 9 VlG) wird unabwendbar Rechnung getragen.
Artikel 10 Absatz 2 VlG lautet: „Das Ergebnis einer Anhörung ist öffentlich zugänglich zu machen.“ Die Erfüllung der Pflicht zur Erstellung eines Anhörungsergebnisberichts setzt voraus, dass Stellungnahmen eingereicht werden. Da die Stellungnahmen die Grundlage des Ergebnisberichts sind, ist es aus Gründen der Transparenz angezeigt, auch diese aktiv zu publizieren. Stellungnahmen von Anhörungsverfahren sollten aktiv primär publiziert werden. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen sie passiv zugänglich gemacht werden.
(Verweise: Bundesgesetz vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (Vernehmlassungsgesetz, VlG; SR 172.061); Verordnung vom 17. August 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (Vernehmlassungsverordnung, VlV; SR 172.061).)
4. Begriff des «amtlichen Dokuments»; Spezialfälle
4.1 Fragen 2006-2011
Frage: Wann ist ein Dokument "fertig gestellt" im Sinne des Gesetzes?
Antwort: Ein Dokument ist als fertig gestellt zu betrachten, wenn es unterzeichnet oder auf andere Art und Weise als finalisiert gekennzeichnet wurde.
Es spielt keine Rolle, ob die Unterschrift handschriftlich, digital oder mit einem Stempel vor-genommen wurde. Auch wenn ein Dokument mit den Worten "sig." oder "gez." statt einer Unterschrift versehen wurde, gilt es als unterzeichnet, ebenso wenn darauf ein Vermerk "endgültig" o.ä. angebracht wurde.
Ebenso ist ein Dokument als fertig gestellt zu betrachten, das einer bestimmten Person, Stelle oder Behörde definitiv übergeben wurde. Dies ist dann der Fall, wenn die Zustellung des Do-kuments zur Kenntnis- oder Stellungnahme, als Entscheidgrundlage oder im Hinblick auf eine sonstige weitere Verwendung erfolgte. Als Beispiel dafür ist namentlich der vom federführen-den Amt dem Departement zugestellte Entwurf eines Bundesratsantrags zu nennen (vgl. Ziff. 4.2.1: Entwurf eines Antrags an den Bundesrat). Der Austausch eines Dokuments innerhalb eines Teams oder zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten zwecks Korrektur, Ergänzung oder Finalisierung gilt somit nicht als Übergabe an eine Adressatin oder einen Adressaten. "Definitiv" ist die Übergabe dann, wenn es danach weitestgehend an der Empfängerin oder am Empfänger liegt, wie sie mit dem Dokument weiter verfahren will.
(Verweise: Art. 5 Abs. 3 Bst. b BGÖ; Art. 1 Abs. 2 VBGÖ; BBl 2003 1997 ff.; Erläuterungen VBGÖ Ziff. 2; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1.1; Entscheid BVGer A-1156/2011 vom 22.12.2011.)
Frage: Wann ist ein Dokument ein "zum persönlichen Gebrauch bestimmtes Dokument", das nicht dem Recht auf Zugang unterliegt?
Antwort: Zum persönlichen Gebrauch bestimmte Dokumente sind einerseits persönliche Dokumente, die sich zwar am Arbeitsplatz befinden, die aber nichts mit den dienstlichen Aufgaben zu tun haben (z.B. persönliche E-Mails, Bilder, Bücher; vgl. auch Ziff. 4.2.4: Agenda, Outlook-Kalender und Liste der Auslandsreisen). Anderseits fallen unter diesen Begriff Noti-zen, Entwürfe etc., die lediglich dem persönlichen Gebrauch oder dem Gebrauch eines eng beschränkten Personenkreises (z.B. Projektteam) dienen oder zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Vorgesetzten ausgetauscht werden. In der Regel werden auch Kopien von Akten, die von der für die Sachbearbeitung zuständigen Person zu ihrem eigenen Gebrauch mit Anmerkungen, Notizen etc. versehen worden sich, unter diesen Begriff fallen.
(Verweise: Art. 5 Abs. 3 Bst. c BGÖ; Art. 1 Abs. 3 VBGÖ; BBl 2003 2000; Erläuterungen VBGÖ Ziff. 2., Entscheid BVGer A-1156/2011 vom 22.12.2011.)
Frage: Sind Daten, die in Datenbanken gespeichert sind, nach dem Öffentlichkeitsgesetz zugänglich?
Antwort: Das Öffentlichkeitsgesetz sieht vor, dass als amtliche Dokumente auch solche Dokumente gelten, die durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus aufgezeichneten In-formationen erstellt werden können ("virtuelle" Dokumente).
Damit ist die Behörde verpflichtet, auf ein Zugangsgesuch hin einfache Datenbankabfragen durchzuführen.
Soweit keine Ausnahmebestimmungen des BGÖ oder spezialgesetzliche Bestimmungen ent-gegenstehen, kann grundsätzlich auch der Zugang zu den gesamten in einer Datenbank ge-speicherten Einzeldaten verlangt werden.
Nicht dem Zugangsrecht unterliegen Datenbanken und die darin enthaltenen Daten, die von einer Behörde kommerziell genutzt werden.
Für Datenbanken, die personenbezogene Daten enthalten (Datensammlungen im Sinne des Datenschutzgesetzes) gilt das zu Frage 3.1.3 Gesagte analog.
(Verweise: Art. 5 Abs. 2 BGÖ; BBl 2003 1996, Empfehlung des Beauftragten vom 18. März 2013 (ENSI/Messdaten der Kaminsinstrumentierung des Kernkraftwerks Mühleberg).)
Frage: Sind auch E-Mail-Nachrichten nach dem Öffentlichkeitsgesetz zugänglich?
Antwort: Nach BGÖ zugänglich sind alle E-Mails, welche die Kriterien des amtlichen Dokuments erfüllen, d.h. die insbesondere die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen. Nicht zugänglich sind E-Mails mit ausschliesslich privatem Inhalt, die über das E-Mail-System einer Behörde empfangen oder versandt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann indes-sen eine E-Mail-Nachricht auch eine "persönliche Arbeitshilfe" darstellen und wäre damit ebenfalls kein amtliches Dokument. Dies ist dann der Fall, wenn die betreffende Nachricht lediglich an einen eng begrenzten Personenkreis (insb. Mitglieder eines Teams bzw. einer kleinen Arbeitsgruppe) gerichtet ist, für den sie als gemeinsame Arbeitsgrundlage – etwa für die Ausarbeitung von Berichten, Konzepten, Anträgen, Stellungnahmen etc. (und somit wie-derum amtlichen Dokumenten) – dient.Verweise: Ziff. 4.1.2; Art. 5 Abs. 1 BGÖ; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1.1.; Entscheid BVGer A-1156/2011 vom 22.12.2011.
Frage: Kann der Zugang zu rein behördeninternen Dokumenten, z.B. zu Protokollen der Geschäftsleitungssitzung eines Amtes, generell verweigert werden?
Antwort: Das Öffentlichkeitsgesetz kennt keine Kategorie "interne" Dokumente. Wenn ein Dokument die gesetzlich festgelegten Kriterien erfüllt – d.h. wenn es die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft, fertig gestellt ist und weder kommerziell genutzt wird noch zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist – so ist das Dokument grundsätzlich zugänglich. Soweit das fragliche Dokument nicht aus dem Geltungsbereich fällt oder Spezialbestimmungen anwendbar sind, kann der Zugang inhaltlich eingeschränkt, aufgeschoben oder ganz verweigert werden, wenn eine der im BGÖ vorgesehenen Ausnahmebestimmungen erfüllt ist. Ob dies der Fall ist, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden.Verweise: Art. 3–5 und 7 BGÖ; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 1 und 2.
4.2 Fragen 2012
Frage: Warum ist der vom federführenden Bundesamt dem Departement zugestellte Antragsentwurf grundsätzlich zugänglich?
Antwort: Auch wenn der vom Bundesamt erstellte Antragsentwurf noch nicht vom Vorsteher oder der Vorsteherin des Departements unterzeichnet ist, gilt ein solches Dokument für das Amt als fertig gestelltes Dokument (Art. 1 Abs. 1 Bst. b VBGÖ), denn das Amt als Verfasser hat dem Adressaten das Dokument zur Stellungnahme oder zum Entscheid übermittelt (vgl. Ziff. 4.1.1: Fertig gestelltes Dokument).
Ein von einem Amt an das Generalsekretariat des jeweiligen Departements übermittelter Antragsentwurf ist noch nicht Bestandteil des Mitberichtsverfahrens, denn dieses beginnt mit der Unterzeichnung des Antrags durch das federführende Departement (Art. 5 Abs. 1bis und 2 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV, SR 172.010.1).
Muss das Amt einen Antragsentwurf auf Verlangen des Departementsvorstehers, der Departementsvorsteherin oder des Generalsekretariats anpassen, bildet der angepasste Antragsentwurf ein neues amtliches Dokument, das dann als fertig gestellt gilt, wenn es an den Adressaten zur Stellungnahme übermittelt wird. Dasselbe gilt für das Dokument, das der Vorsteher oder die Vorsteherin des Departements zur Korrektur an das Amt zurückschickt.
Der Antragsentwurf ist zugänglich nach dem BGÖ, es sei denn, die Ausnahmen nach Artikel 7 BGÖ sind anwendbar. Das Amt kann namentlich das Zugangsrecht einschränken oder aufschieben, wenn durch die Gewährung des Zugangs die freie Meinungs- und Willensbildung des Departementsvorstehers oder der Departementsvorsteherin wesentlich beeinträchtigt werden kann.
Sobald das Mitberichtsverfahren eröffnet ist, erfasst die Geheimhaltungspflicht alle dazugehörenden amtlichen Dokumente, das heisst den unterzeichneten Antrag, die Mitberichte der anderen Departemente und der Bundeskanzlei, die allfälligen Antworten, Repliken und Dupliken sowie die entsprechenden Entwürfe und «Begleitblätter», die zum Beispiel von den Bundesämtern oder von Dienststellen der Departemente erstellt werden (vgl. Ziff. 5.1.4: Mitbe-richtsverfahren).
(Verweise: BBl 2003 2014; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 2.1; Handkommentar BGÖ, Art. 8 Rz. 17 ff.; BGE 136 II 399; Entscheid BVGer A-1156/2011 vom 22.12.2011.)
Frage: Wie sollen Gesuche behandelt werden, welche sich auf Dokumente beziehen, die im Auftrag von parlamentarischen Kommissionen erstellt werden?
Antwort: Grundsätzlich sind alle von der Bundesverwaltung erstellten oder empfangenen Dokumente dem BGÖ unterstellt. Um aber der Tatsache Rechnung zu tragen, dass das Parlament dem BGÖ nicht unterstellt ist, musste mit den Parlamentsdiensten ein Kompromiss gefunden werden für Dokumente, die an die parlamentarischen Kommissionen übermittelt werden (vgl. Ziff. 2.1.5: Parlamentarische Kommissionen). Die Praxis unterscheidet drei Arten von Dokumenten:
- Dokumente, die im ausdrücklichen Auftrag einer parlamentarischen Kommission erstellt wurden: zum Beispiel beauftragt eine parlamentarische Kommission ein Amt, ein Rechtsgutachten zu verfassen. Der Zugang zu diesem Dokument richtet sich nach dem Parlamentsgesetz.
- Dokumente, die von der Bundesverwaltung ursprünglich nicht für eine Kommission erstellt wurden, dann aber an eine Kommission übermittelt wurden: zum Beispiel verlangt ein Bundesamt von einem anderem Bundesorgan die Erstellung eines Gutachtens; dieses wird danach an eine parlamentarische Kommission übermittelt. Dieses Dokument untersteht dem Öffentlichkeitsgesetz.
- Amtliche Dokumente, die von der Bundesverwaltung für eine parlamentarische Kommission erstellt wurden, aber ohne ausdrücklichen Auftrag der Kommission: Das BJ und der EDÖB vertreten hierzu unterschiedliche Auffassungen.
Nach Ansicht des BJ muss im Einzelfall untersucht werden, für welchen Hauptadressaten die Dokumente erstellt wurden:
- Wenn die Dokumente ausschliesslich für eine parlamentarische Kommission erstellt wurden (z.B. wenn im Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens ein Amt in eigener Initiative beschliesst, eine Neuformulierung einer Gesetzesbestimmung vorzubereiten), dann müssen sie der ersten der oben erwähnten Kategorien zugeordnet werden und fallen damit unter das Parlamentsgesetz.
- Wenn hingegen die Dokumente für die Bundesverwaltung erstellt wurden und erst da-nach einer parlamentarischen Kommission zur Verfügung gestellt wurden, weil sie für diese hilfreich sein könnten (z.B. wenn ein Departementsvorsteher eine Frage von seinem Amt prüfen lassen will und dann beschliesst, die Resultate dieser Überprüfung einer parlamentarischen Kommission zu übermitteln), dann gehören diese Dokumente in die zweite der oben erwähnten Kategorien und sind damit dem BGÖ unterstellt.
Der Beauftragte vertritt die Ansicht, dass das Öffentlichkeitsgesetz keine Dokumente aufgrund ihres Adressatenkreises vom Geltungsbereich ausnimmt. Vielmehr unterliegen alle Dokumente, welche die Verwaltung ohne einen ausdrücklichen Auftrag einer parlamentarischen Kommission erstellt hat, grundsätzlich dem Öffentlichkeitsgesetz. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb diese von der Verwaltung erstellten Dokumente nicht zugänglich sein sollten. Es entspricht dem Zweck des Öffentlichkeitsgesetzes, dass auch bei Vorschlägen, Positionen und Ideen, welche die Verwaltung in Kommissionen einbringt, Transparenz herrscht. Vorbehalten bleiben die Ausnahmebestimmungen nach Artikel 7 f. BGÖ.
In seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage 12.1134 («Öffentlichkeitsprinzip und Ver-nehmlassungsverfahren») zu diesem Problem hielt der Bundesrat fest, dass nach seiner Ansicht Unterlagen, welche bei der Erarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage von grundlegender Bedeutung waren, in der Regel durch die für die Durchführung der Vernehmlassung verantwortliche Stelle proaktiv der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind. Das lässt sich aus dem an Bundesrat und Bundesverwaltung gerichteten Informationsauftrag nach Artikel 10 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (SR 172.010) ableiten und ergibt sich namentlich auch aus Artikel 19 VBGÖ. Diese Bestimmung sieht vor, dass wichtige Dokumente so schnell wie möglich im Internet verfügbar gemacht werden sollen. Dieser Grundsatz sollte nach Auffassung des Bundesrates auch bei Gutachten, die im Auftrag von parlamentarischen Kommissionen erstellt wurden, gelten. Die zuständige Behörde sollte daher vor der Publikation einer Vernehmlassungsvorlage, in welcher das Gutachten zitiert wird, bei der zuständigen Kommission rechtzeitig eine Genehmigung für dessen Veröffentlichung verlangen.
(Verweise: Empfehlung des Beauftragten vom 19.06.2009 (UVEK/Zusatzdokumention Staatsrechnung), Empfehlung des Beauftragten vom 2.11.2009 (EDI, EJPD, VBS, EFD, EVD, UVEK / Zusatzdokumentation Voranschlag 2010; Empfehlung des Beauftragten vom 18.11.2010 (VBS/Inspektionsberichte ND-Aufsicht).)
Frage: Sind klassifizierte Dokumente grundsätzlich vom Zugang nach Öffentlichkeitsgesetz ausgenommen?
Antwort: Die Umschreibung der Klassifizierungsstufen der Informationsschutzverordnung (ISchV; SR 510.411) orientiert sich am Wortlaut der Ausnahmebestimmung von Artikel 7 BGÖ und ist „im Lichte dieser Bestimmungen“ auszulegen. Die Tatsache, dass ein amtliches Dokument klassifiziert ist, stellt für die Beurteilung des Zugangsgesuchs zwar ein gewichtiges Element dar. Aufgrund der Klassifizierung allein darf aber der Zugang nicht verweigert werden. Bei einem solchen Zugangsgesuch muss gemäss Artikel 11 Absatz 5 VBGÖ geprüft werden, ob das fragliche Dokument entklassifiziert werden kann. Gemäss Artikel 13 Absatz 3 ISchV prüft die zuständige Stelle, unabhängig von einem allfälligen Vermerk, ob der Zugang nach Öffentlichkeitsgesetz zu gewähren, zu beschränken, aufzuschieben oder zu verweigern ist. Ergibt die Prüfung, dass die Klassifizierung nicht mehr gerechtfertigt ist, muss das Dokument (als Ganzes oder in Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips in Teilen) entklassifiziert und der Zugang gewährt werden. Mit anderen Worten führt die Koordination des Öffentlichkeitsgesetzes und der Informationsschutzverordnung dazu, dass im Rahmen der Beurteilung des Zugangsgesuchs nur Klassifizierungen von Informationen gerechtfertigt sind, soweit eine Ausnahmebestimmung nach Artikel 7 Absatz 1 BGÖ oder einer der Sonderfälle nach Artikel 8 Absätze 1–4 BGÖ vorliegt.
(Verweise: BBl 2003 2006; Erläuterungen VBGÖ Ziff. 4.5; Handkommentar BGÖ, Art. 4 Rz. 28 ff., Art. 12 Rz. 8 ff.; Empfehlung des Beauftragten vom 18.11.2010 (VBS/Inspektionsberichte); Empfehlung des Beauftragten vom 21.10.2010 (Islamistische Imame).)
Frage: Wie soll ein Zugangsgesuch zu einer Liste der Auslandsreisen eines Direktors oder zu einer Kopie seiner Agenda ausgewertet werden?
Antwort: Entscheidend ist, ob es sich um amtliche Dokumente nach Artikel 5 BGÖ handelt, namentlich ob die Information die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft.Liste der Auslandsreisen: Sofern ein solche Liste besteht oder eine solche sich aus aufgezeichneten Informationen durch einen einfachen elektronischen Vorgang herstellen lässt (Art. 5 Abs. 2 BGÖ), liegt ein amtliches Dokument gemäss Artikel 5 Absatz 1 BGÖ vor, welches unter dem Vorbehalt der Bestimmungen nach den Artikeln 7 und 8 BGÖ zugänglich ist.
Agenda: Agenden, wie der Outlook-Kalender, werden den Verwaltungsangestellten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zur Verfügung gestellt. Damit erfüllt die Agenda die gesetzlichen Vorgaben eines amtlichen Dokuments gemäss Artikel 5 Absatz 1 BGÖ und ist mit Vorbehalt der Ausnahmebestimmungen nach den Artikeln 7 und 8 BGÖ zugänglich. Werden zusätzlich zu den arbeitsspezifischen Terminen auch private Termine in den Outlook-Kalender eingefügt, können diese als „Privat“ gekennzeichnet werden (Registerkarte Termin/Gruppe Optionen/Privat).
4.3 Fragen 2013
Frage: Ein Gesuchsteller verlangt Einsicht in Dokumente, welche erst in Zukunft anfallen oder erstellt werden. Wie ist ein solches auf die Zukunft gerichtetes Gesuch zu behandeln?
Antwort: Die Definition des Begriffes „amtliches Dokument“ geht aus Art. 5 Abs. 1 und 2 BGÖ hervor. Danach gilt als amtliches Dokument jede Information, die auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet ist (Abs. 1 Bst. a), sich im Besitz der Behörde befindet (Abs. 1 Bst. b) und die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft (Abs. 1 Bst. c). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist bei jedem Zugangsgesuch zu prüfen. Dabei ist massgebend, ob das verlangte Dokument zum Zeitpunkt des Zugangsgesuches vorhanden bzw. ob aus aufgezeichneten Informationen durch einen einfachen elektronischen Vorgang ein amtliches Dokument erstellt werden kann. Bestehende Daten, die innert einer bestimmten Zeit gelöscht werden sollen, sind ab Eingang des Zugangsgesuches zu sichern. Daten, die nach dem Zeit-punkt des Zugangsgesuches erstellt werden, gelten als noch nicht erstellt und können nicht im Besitz einer Behörde sein. Sie gelten daher auch nicht als virtuelle Dokumente. Entstehen amtliche Dokumente nach Einreichung eines Zugangsgesuches, sind diese nicht mehr Ge-genstand eines hängigen Schlichtungsverfahrens. Der Zugang zu diesen Dokumenten kann aber mit einem neuen Gesuch begehrt werden. Zudem regelt Art. 6 Abs. 2 BGÖ die Zugangsmodi abschliessend. Ein Recht auf Zugang im Abrufverfahren bzw. mittels Online-Verbindung besteht nicht. Demzufolge liegt bei einem Zugangsgesuch auf künftige Dokumente kein amtliches Dokument i. S. von Art. 5 BGÖ vor. Ein durchsetzbares Recht auf Zugang nach dem Öffentlichkeitsgesetz besteht folglich nicht (Abs. 1 Bst. b e contrario).
(Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 5 Rz 11 ff.; Empfehlung des EDÖB vom 18.03.2013 (ENSI / Messdaten der Kamininstrumentierung des Kernkraftwerks Mühleberg).)
Frage: Der Gesuchsteller oder mehrere Gesuchsteller verlangen mittels mehreren einzelnen Gesuchen Zugang zu verschiedenen amtlichen Dokumenten. Die Herausgabe eines Dokuments allein erfüllt keinen gesetzlichen Ausnahmegrund, aber die Gewährung des Zugangs zu allen amtlichen Dokumenten erfüllt den Ausnahmetatbestand von Art. 7 Abs. 1 Bst. c BGÖ. Wie soll die Behörde solche Gesuche behandeln?
Antwort: Jedes Zugangsgesuch ist nach den Vorgaben des Öffentlichkeitsgesetzes zu bearbeiten. Die Summe aller Dokumente allein ist jedoch kein Ausnahmegrund nach BGÖ. Will die Behörde Ausnahmegründe geltend machen, muss sie diese nachvollziehbar darlegen. Durch die Offenlegung eines Dokumentes kann möglicherweise ein neuer Kontext entstehen, d.h. die Offenlegung einer konkreten Information eines Dokumentes kann Einfluss auf die Einschätzung in Bezug auf das Zugänglichmachen eines anderen Dokuments haben. Es muss jedoch jedes Dokument einzeln geprüft werden. Es bleibt letztlich in der Verantwortung der Behörde, wie sie Einschätzungen vornimmt. Sie muss darlegen, dass eine Beeinträchtigung bei der Offenlegung anzunehmen ist. Die Vermutung zugunsten des freien Zugangs zu amtlichen Dokumenten führt zur Umkehr der Beweislast. Zur Widerlegung dieser Vermutung muss die Behörde beweisen, dass die Ausnahmegründe gegeben sind.Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 7 Rz. 4 ff.; zur Beweislast der Behörde siehe Entscheid BVGer A-4962/2012 vom 22.04.2013, E. 6.2.
5. Ausnahmebestimmungen, besondere Bestimmungen
5.1 Fragen 2006–2011
Frage: Kann die Verwaltung auch künftig ohne Druck Entscheide vorbereiten?
Antwort: Um zu verhindern, dass die Entscheidprozesse in der Verwaltung durch die vorzeitige Veröffentlichung relevanter Grundlagen erheblich beeinträchtigt würden, sieht das Gesetz mehrere Mechanismen vor:
- Dokumente dürfen erst dann zugänglich gemacht werden, wenn der Entscheid, für den sie die Grundlage darstellen, getroffen ist.
- Zusätzlich enthält das Gesetz eine Ausnahmeklausel, gestützt auf die der Zugang zu einem Dokument eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden kann, wenn durch die Gewährung des Zugangs die freie Meinungs- und Willensbildung einer Behörde oder anderer Organe (es kann sich dabei auch um Behörden und Organe eines Kantons han-deln) wesentlich beeinträchtigt werden kann; dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Entscheid bereits getroffen wurde für den ein Dokument die unmittelbare Grundlage dar-tellt.
- Dokumente des Mitberichtsverfahrens sind vom Recht auf Zugang ausgenommen (vgl. Ziff. 5.1.2: Mitberichtsverfahren).- Für Dokumente des Ämterkonsultationsverfahrens kann der Bundesrat ausnahmsweise beschliessen, dass sie auch nach dem Entscheid nicht zugänglich sind (vgl. Ziff. 5.1.3 Ämterkonsultationsverfahren).
Verweise: Art. 7 Abs. 1 Bst. a und Art. 8 Abs. 1–3 BGÖ; BBl 2003 2007 ff., 2013 ff.; Leitfaden Ge-suchsbeurteilung Ziff. 2.1.
Frage: Welche Dokumente sind Dokumente des Mitberichtsverfahrens, und damit nach Öffentlichkeitsgesetz nicht zugänglich?
Antwort: Das Mitberichtsverfahren wird von der Bundeskanzlei durchgeführt. Es wird eröffnet, wenn die BK den definitiven Antrag des federführenden Departements erhalten hat.
Der vom Departementschef oder der Departementschefin unterzeichnete Antrag an den Bundesrat ist nach den Regeln des Öffentlichkeitsgesetzes nicht zugänglich; er stellt bereits ein Dokument des Mitberichtsverfahrens dar. Nicht zugänglich sind ebenfalls die im Mitberichtsverfahren abgegebenen Stellungnahmen, auch die Repliken und Dupliken des federführenden Departements. Dies gilt auch für Entwürfe zu solchen Dokumenten, die beispielsweise von einem Amt ausgearbeitet und dem Departement im Rahmen des laufenden Mitberichtsverfahrens übermittelt werden.
Der Antrag, den das federführende Amt dem Departement übermittelt, ist indessen noch nicht Teil des Mitberichtsverfahrens, und damit grundsätzlich nach BGÖ zugänglich (vgl. Ziff. 4.2.1: Entwurf eines Antrags an den Bundesrat).
Verweise: Art. 8 Abs. 1 BGÖ; Art. 5 Abs. 1bis und 2 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverord-nung (RVOV, SR 172.010.1); BBl 2003 2014; Leitfaden Gesuchsbeurteilung Ziff. 2.1.; BGE 136 II 399.
Frage: Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Verfahren kann der Bundesrat Do-kumente des Ämterkonsultationsverfahrens vom Zugang ausnehmen?
Antwort: Will der Bundesrat Dokumente des Ämterkonsultationsverfahrens vom Zugang ausnehmen, muss er sich an den vom BGÖ vorgesehenen Ausnahmebestimmungen orientieren.
Der Beschluss über die Ausnahme von der Zugänglichkeit wird mit dem Beschluss zur Hauptsache gefasst und muss im Beschlussdispositiv vorgesehen sein.
Verweise: Art. 8 Abs. 3 BGÖ; BBl 2003 2014 f.
Frage: Welche Dokumente gelten als Evaluationsberichte, die auf jeden Fall zugänglich sind?
Antwort: Als Berichte über die Evaluation der Leistungsfähigkeit der Bundesverwaltung und die Wirksamkeit ihrer Massnahmen gelten diejenigen Berichte, die im Rahmen von Wirksamkeitsüberprüfungen erstellt wurden. Zu denken ist namentlich an Vollzugs-, Wirkungs- oder Wirtschaftlichkeitsanalysen, wie sie im Rahmen der Umsetzung von Artikel 170 BV erstellt werden.
Keine Evaluationsberichte in diesem Sinne sind insbesondere Dokumente über Evaluationen, die unmittelbar die Leistungen einzelner Personen betreffen oder Dokumente zur Evaluation von Produkten im Hinblick auf deren Beschaffung (z.B. Informatikprodukte oder Rüstungsgü-ter).
Verweise: Art. 8 Abs. 5 BGÖ; BBl 2003 2015.
5.2 Fragen 2013
Frage: Welche Elemente der Verträge bzw. allfälliger integrierender Bestandteile der Verträge können, falls begründbar, im Einzelfall als Geschäftsgeheimnisse im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ eingeschwärzt werden (z.B. Firmenname, Personennamen von Mitarbeitenden des Vertragspartners, konkret zu erbringende Leistungen, Preise, Offerten usw.)?
Antwort: Ein Zugangsgesuch zu einem Vertrag ist nach den Vorgaben des Öffentlichkeitsgesetzes zu bearbeiten. Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ zufolge wird der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert, wenn Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse offenbart werden können. Nach der Botschaft darf das Öffentlichkeitsprinzip nicht dazu führen, dass solche Geheimnisse ausserhalb der Verwaltung stehender Dritter offenbart werden müssen. Der Wettbewerb zwischen Marktteilnehmern darf durch das Öffentlichkeitsgesetz nicht verzerrt werden. Da das Zugänglichmachen bestimmter Informationen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen Markteilnehmern führen darf, bezieht sich das Geschäftsgeheimnis nicht auf alle Geschäftsdaten, sondern nur auf wesentliche Daten, deren Kenntnisnahme durch die Konkurrenz Marktverzerrungen bewirken bzw. dazu führen würde, dass dem betroffenen Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil genommen wird bzw. ein allgemeiner Wettbewerbsnachteil entsteht. Damit wird vorausgesetzt, dass die Betroffenen nicht die Einzigen im Markt sind und also eine Konkurrenzsituation besteht. Fraglich ist nun, welche Unternehmensinformationen als Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis zu qualifizieren sind.
In der schweizerischen Gesetzgebung werden die Begriffe „Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis“ nicht definiert. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, welche sich im Wesentlichen anhand von Art. 162 StGB und Art. 6 UWG herausgebildet hat, gelten „alle Tatsachen als Geheimnisse, die weder offenkundig noch allgemein zugänglich sind, wobei der Geheimnisherr an ihnen ein berechtigtes Interesse haben muss und sie tatsächlich geheim halten will“. Damit eine Unternehmensinformation ein zu schützendes Geheimnis darstellt, sind vier kumulative Tatbestandsvoraussetzungen erforderlich:
a) Es besteht eine Beziehung der Information zum Unternehmen.
b) Die Information ist relativ unbekannt.
c) Der Geheimnisherr hat einen Geheimhaltungswillen (subjektives Geheimhaltungsinteresse).
d) Es liegt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse vor (objektives Geheimhaltungsinteresse).
Ob in einem konkreten Einzelfall Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse in einem Dokument vorhanden sind, richtet sich nach den vorerwähnten Voraussetzungen. In der Praxis es dies allerdings regelmässig schwierig.
Ein Geheimnis muss, damit ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt, entweder einen Fabrikationsvorgang oder eine geschäftlich relevante Information betreffen. Unter Fabrikationsgeheimnis ist im Wesentlichen technisches Wissen zu verstehen, also jede Kenntnis, die eine Anleitung zu technischem Handeln enthält (bspw. Fabrikationsanleitungen, Forschungsergebnisse, Herstellungsverfahren und –mittel etc.). Als Geschäftsgeheimnis kommen alle jene Tatsachen in Betracht, welche vornehmlich kaufmännisches Wissen betreffen, so etwa Absatzmöglichkeiten, Preis- und Rabattpolitik, Kalkulationen, Informationen zur allgemeinen Geschäftslage sowie künftige geschäftliche Absichten, Pläne zur Lancierung eines Produktes, Fehlschlag eines Projektes, Umsätze, Jahresrechnungen, Erfolgsrechnungen, Bilanzen, Kundenlisten, Bezugsquellen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, geplante oder laufende Forschungsprojekte, bestimmte Informationen betreffend den Erwerb von Kulturgut durch eine Behörde sowie Informationen, die im Falle einer Veröffentlichung den Aktienkurs von Unternehmen wesentlich beeinflussen könnten.
Gemäss der obenerwähnten Rechtsprechung gelten Unternehmensinformationen als Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse, wenn folgende kumulative vier Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Es besteht eine Beziehung der Information zum Unternehmen. Der Schutz der Information bezieht sich nur auf Informationen, welche in einem Zusammenhang zu einem Unternehmen stehen. Dabei geht es um das Geheimhaltungsinteresse eines bestimmten Unternehmens. Das ist nicht mehr der Fall, wenn der Unternehmensbezug von vorneherein fehlt oder sich so gelockert hat, dass die betreffende Tatsache den allgemeinen Marktverhält-nissen oder anderen Unternehmen zuzurechnen ist.
b) Die Information ist relativ unbekannt. Das ist gegeben, wenn diese nur einem engen Personenkreis geläufig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts geht der Geheimnischarakter einer Tatsache verloren, sobald sie offenkundig wird oder allgemein zugänglich ist. Im Einzelfall ist entscheidend, ob der Geheimnisherr den Kreis der Betroffenen unter Kontrolle hält.
c) Es besteht eine Geheimhaltungswille des Geheimnisherrs. Der Wille zur Geheimhaltung muss durch den Geheimnisherrn ausdrücklich bekundet oder aus den Umständen durch konkludentes Verhalten erkenntlich gemacht werden. Er kann sich jedoch nur auf jene Tatsachen beziehen, die weder offenkundig noch allgemein zugänglich sind.
d) Die Behörde bejaht ein berechtigtes objektives Geheimhaltungsinteresse. Ein berechtigtes objektives Geheimhaltungsinteresse wird nur dann bejaht, wenn die geheim zu haltenden Informationen das Ergebnis wirtschaftlicher Vorgänge beeinflussen können. Geheim sind nur wesentliche Daten, deren Kenntnisnahme durch die Konkurrenz Marktverzerrungen bewirken bzw. dazu führen würden, dass dem betroffenen Unternehmen ein Wettbewerbsvorteil genommen wird. Massgeblich ist daher die Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information.
Die mit einem Zugangsgesuch betraute Behörde muss prüfen, ob im konkreten Einzelfall Unternehmensinformationen als Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse gelten. Der pauschale Hinweis der Unternehmen auf das Vorliegen solcher Geheimnisse genügt nicht. Es ist empfehlenswert, dass die Behörde mit dem Unternehmen in Kontakt tritt und dieses auffordert, in den nachgefragten Dokumenten die Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse zu bezeichnen, auch wenn für eine solche Kennzeichnung eine entsprechende Rechtspflicht im Öffentlichkeitsgesetz fehlt. Mit dieser Kennzeichnung der Geheimnisse wird indes nicht nur der Geheimhaltungswille des betroffenen Unternehmens dokumentiert, sondern ermöglicht ihm auch seine Sicht darzulegen. Die Behörde kann in der Regel zwar davon ausgehen, dass die gekennzeichneten Informationen Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse sind. Sie darf sich aber nicht auf die Angaben des Unternehmens verlassen, sondern muss vielmehr eigenständig feststellen, ob ein berechtigtes Interesse des Unternehmens am Geheimnisschutz besteht. Analog der Stellungnahme nach Art. 11 Abs. 2 BGÖ muss sie dem angehörten Unternehmen ihre eigene Einschätzung zu den vom Unternehmen bezeichneten Geschäftsgeheimnissen darlegen. Es kann daher durchaus sein, dass diese sich von jener des angehörten Unternehmens unterscheidet. Daraus ergibt sich, dass die Behörde weder in ihrer Stellungnahme an den Gesuchsteller und Angehörten noch in jener an den EDÖB sich darauf beschränken darf, bloss auf die Stellungnahme des angehörten Unternehmens zu verweisen.
Betreffend die Personendaten gilt Art. 9 BGÖ.
Verweise: BBl 2003 1963 2011 f.; BGE 80 IV 22 E. 2. a; 103 IV 283 E. 2. b; 109 Ib 47 E. 5. c; 118 Ib 547 E. 5; BSK-StGB II – Amstutz/Reinert, Art.162 N 11 f; Baudenbacher/Glöckner, in: Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Basel 2001, Art. 6 N 6 ff., 16 ff., 32, 24 ff.; BSK-StGB II - Amstutz/Reinert, Art.162 N 12; BGE 80 IV 22; 88 II 319; aus-führlich dazu BSK-StGB II; Mabillard, in: Jung / Spitz (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar zum Bun-desgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Bern 2010, Art. 6 N 9 ff., 12, 15, 16; Ritz, Die Geheimhaltung im Schiedsverfahren nach schweizerischem Recht, 2007, S. 45 f.; BGE 109 Ib 47 E. 5. c; Handkommentar BGÖ, Art. 7, RZ 4; Klöpfer, Informationsfreiheitsgesetz und Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesbeauftragten für den Daten-schutz und die Informationsfreiheit, Berlin 2011, S. 14 ff.Empfehlung des EDÖB vom 6.7.2011 (SECO/Vollzugskostenbeiträge PLK); Empfehlung des EDÖB vom 5.8.2011 (BLW/Controlling-Formulare Milchmengen; Empfehlung des EDÖB vom 16.5.2011 (OFEV/Rapports d’analyse des carburants); Empfehlung des EDÖB vom 19.6.2012 (BAG/Liste Ac-rylamidmessungen); Empfehlung des EDÖB vom 25.6. 2012 (BAG/Protokoll-Beilagen Eidgenössi-sche Arzneimittelkommission (sog. Résumés); Empfehlung des EDÖB vom 16.7.2012 (ETH/Vertragsdokumente); Empfehlung des EDÖB vom 9.8.2012 (BWO/Verkauf SWAG); Empfehlung des EDÖB vom 4.12.2012 (Swissmedic/Überprüfung der Rechtmässigkeit von Medizinalprodukten).
Frage: Wie wäre vorzugehen, falls ein Vertragspartner zu einem Vertragsabschluss nur unter der Voraussetzung bereit wäre, dass seine Anonymität gewahrt wird?
Antwort: Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine Privatperson mit dem Staat nur anonym Verträge schliessen will. Damit die Ausnahmeklausel der Vertraulichkeit von Informationen nach Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ ihre Wirkung entfalten kann, müssten drei Bedingungen kumulativ erfüllt sein:
a) Die Information wurde der Behörde von einer Privatperson und nicht von einer Behörde mitgeteilt;
b) die Mitteilung war freiwillig und geschah nicht aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht;
c) die Verwaltung hat sich verpflichtet, die Vertraulichkeit der Information zu wahren.
Dabei müssen sowohl die Zusicherung der Geheimhaltung der Information ausdrücklich verlangt und ebenso ausdrücklich zugesichert worden sein. Dem Begehren des Ersuchenden ist nicht leichthin stattzugeben, selbst wenn die Behörde damit möglicherweise auf die angebotene Information verzichten muss. Eine grosszügige Auslegung würde ansonsten den Zweck des Öffentlichkeitsprinzips unterlaufen.
Bei Verträgen zwischen dem Staat und Privaten fehlt bereits eine der verlangten Vorausset-zungen nach Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ, nämlich die freiwillig mitgeteilte Information.
Für diese Verträge gelten jedoch auch die übrigen Ausnahmebestimmungen des BGÖ. Liegt kein Ausnahmegrund nach Art. 7 und 8 BGÖ vor, ist nach Art. 9 BGÖ vorzugehen (siehe Ziff. 3.1.3: Dokumente, die Personendaten enthalten).
Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 7 Rz. 47; BBl 2003 2012; Bundesamt für Justiz: „Leitfaden Gesuchsbeurteilung vom 7. August 2013, S.8.
Frage: Müssen die persönlichen Daten der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters, die oder der ein amtliches Dokument erstellt hat, anonymisiert werden, bevor das Dokument öffentlich zugänglich ist?
Antwort: Wenn es darum geht, offenzulegen, wer in welcher amtlichen Funktion wie gehandelt oder welche Auffassung eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter einer Behörde in ihrer oder seiner amtlichen Funktion – oder eine andere Personen, die in einer amtlichen Funktion tätig ist – vertreten hat, sind persönliche Daten zu diesen Personen soweit zugänglich (insb. Namen und Funktionsbezeichnungen). Diese Personen sind in diesem Fall nicht gleichzusetzen mit privaten "Dritten". Ihr Schutzanspruch muss in diesem Fall vor dem Transparenzanspruch zurücktreten.
Wenn die Zugänglichmachung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde konkrete nachteilige Folgen hätte oder mit grosser Wahrscheinlichkeit haben könnte, so ist darauf zu verzichten. Grundsätzlich gilt der Vorrang des Schutzes von Personendaten in-dessen auch für die Personendaten von Mitarbeitenden der dem Gesetz unterstellten Behörden. So liegt z.B. auf der Hand, dass Personaldossiers von Bundesangestellten in der Regel nicht zugänglich sind.
Der Gesetzgeber wollte aber das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten des BGÖ Dokumente erstellten und davon ausgehen konnten, dass diese Dokumente vertraulich waren und vertraulich bleiben, honorieren und erliess deshalb eine Übergangsbestimmung (Art. 23 BGÖ). Sobald das Öffentlichkeitsgesetz in Kraft war, wussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die von ihnen neu erstellten Dokumente nach diesem Gesetz zugänglich sind, es sei denn, es bestünden Ausnahmebestimmungen. Sie sind nicht mehr durch die Übergangsbestimmung geschützt.
Verweise: Entscheid des BVGer A-4962/2012 vom 22.04.2013; Empfehlung des EDÖB vom 16.08.2012 (BSV/AHV/IV Sitzungsprotokolle; Empfehlung des EDÖB vom 19.09.2012 (ESTV/Cockpits und Amtsreportings; Entscheid des A-2165/2009 vom 19.10.2009; Handkommentar BGÖ Art. 23 Rz. 3; Empfehlung des EDÖB vom 22. 2.2012: Bundesanwaltschaft / Arbeitsvertrag als Bundesanwalt.
6. Bearbeitung der Zugangsgesuche
6.1. Fragen 2006–2011
Frage: Wann muss eine Anfrage als Zugangsgesuch im Sinne des BGÖ gelten?
Antwort: Zugangsgesuche nach dem Öffentlichkeitsgesetz sind alle Anfragen, die sich auf ein oder mehrere Dokumente im Sinne des BGÖ beziehen. Keine Zugangsgesuche nach Öffentlichkeitsgesetz sind namentlich Anfragen, die:
- allgemeine Auskünfte verlangen (z.B. über den Stand eines Projekts, über die Zuständig-keit einer Behörde für eine bestimmte Materie);-
- Einsicht in Informationen bzw. die Herausgabe von Informationen verlangen, die sich nach spezialgesetzlichen Grundlagen richten (z.B. Registerauszüge, Akteneinsichtsgesuche der Parteien in Verfahren, Gesuche um Einsicht in die eigenen Daten der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers);
- sich auf Rechtsauskünfte beziehen.
Verweise: Art. 3, 4 und 5 BGÖ; BBl 2003 1989 ff.
Frage: In welcher Form muss das Gesuch gestellt werden und welche Angaben muss es umfassen?
Antwort: Das Gesuch muss hinreichend genau formuliert sein, d.h. es muss genügend Angaben enthalten, um die Identifizierung des gewünschten Dokuments oder der gewünschten Dokumente zu ermöglichen. Die Behörde kann dagegen nicht verlangen, dass die gesuchstellende Person ihr Gesuch begründet bzw. angibt, welche Absichten sie mit dem Gesuch verfolgt.
Die Gesuchstellenden sollen den Behörden die Identifizierung des gewünschten Dokuments ermöglichen, indem sie allgemein zugängliche Daten des Dokuments (z.B. Erstellungsdatum, Titel oder Referenz), den genauen Sachbereich, die Behörde, die möglicherweise Dokumente zu diesem Thema publiziert hat, das Datum der Veröffentlichung, den betreffenden Zeitraum usw. angeben.
Der Genauigkeitsgrad, der verlangt werden kann, hängt somit namentlich von den Mitteln ab, die den Gesuchstellenden für die Ausformulierung ihres Gesuchs zur Verfügung stehen, z.B. Informationen über die Aufgabenbereiche, Dossiers und Geschäfte, welche die Behörde im Internet publiziert.
Die Behörde muss ihrerseits die Gesuchstellenden unterstützen, das Gesuch genauer zu formulieren, soweit dies für sie ohne Weiteres möglich und zumutbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie nur wenige Angaben über verfügbare amtliche Dokumente allgemein zugänglich gemacht hat.
Verweise: Art. 10 Abs. 3 BGÖ; Art. 7 und 17 ff. VBGÖ; BBl 2003 2019 ff.; Empfehlung des Beauftragten vom 3.04.2009 (ESTV/Cockpits und Amtsreportings).
Frage: Welche Mechanismen sind vorgesehen, um zu verhindern, dass das Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten missbraucht wird, um das gute Funktionieren einer Behörde zu stören?
Antwort: Das Gesetz sieht keine besondere Regelung für missbräuchliche Gesuche vor; es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Missbrauch eines Rechts keinen Schutz findet. Da jede Person ohne weitere Voraussetzungen ein Zugangsgesuch stellen kann, ist es ohnehin kaum möglich – und auch kaum sinnvoll – zu definieren, wann ein Missbrauch vorliegt.
Das Gesetz sieht indessen Mechanismen vor, die verhindern dürften, dass Gesuche nur deshalb gestellt werden, um die Arbeit der Behörde zu behindern. So können für Gesuche, deren Bearbeitung einen substanziellen Aufwand verursacht, Gebühren erhoben werden. Die Verordnung sieht zudem vor, dass, die gesuchstellende Person ihr Gesuch ausdrücklich bestätigen muss, wenn die Gebühren voraussichtlich CHF 100. – übersteigen.
Wenn die Bearbeitung eines Gesuchs einen Aufwand verursacht, der mit den verfügbaren Ressourcen nicht bewältigt werden kann, ohne dass die Erfüllung anderer Aufgaben wesentlich beeinträchtigt würde, so kann die Frist erstreckt werden. Mit den "verfügbaren Ressourcen" ist dabei in erster Linie das Personal angesprochen, welches im fraglichen Sachbereich zuständig ist und über die für die Bearbeitung des Gesuchs erforderliche Sachkompetenz verfügt.
Verweise: Art. 10 Abs. 4 Bst. c BGÖ; Art. 10 VBGÖ; BBl 2003 2017, 2021.
Frage: Wie kann eine Behörde vorgehen, wenn Sie eine Vielzahl von Zugangsgesuchen zu denselben Dokumenten erhält, z.B. im Rahmen einer konzertierten Aktion?
Antwort: Geht es in einem solchen Fall um Dokumente, die zugänglich gemacht werden können, so kann die Behörde die betreffenden Dokumente ganz einfach im Internet oder in einem amtlichen Organ publizieren. Damit sind die Ansprüche nach dem Öffentlichkeitsgesetz erfüllt.
Ist die aktive Publikation der fraglichen Unterlagen nicht oder nur teilweise möglich, so sieht das Verwaltungsverfahrensrecht Instrumente vor, die im Falle von Massenverfahren zur Anwendung gelangen können. An erster Stelle ist hier die Zusammenlegung von Verfahren zu nennen. Wenn mehr als 20 Parteien an einem Verfahren teilnehmen, besteht die Möglichkeit eine Vertretung zu verlangen bzw. zu bestimmen. Zudem gelten besondere Regelungen für die Eröffnung von Verfügungen.
Verweise: Art. 10 Abs. 4 Bst. b BGÖ; Art. 11a und 36 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG, SR 172.021); BBl 2003 2017, 2021.
Frage: Wann und in welchem Umfang ist gegebenenfalls ein teilweiser Zugang zu gewähren?
Antwort: Wenn nur einzelne Teile eines amtlichen Dokuments unter eine Ausnahmebestimmung des Gesetzes fallen, darf der Zugang nicht gänzlich verweigert werden. Jede Beschränkung des Rechts auf Zugang muss verhältnismässig sein, d.h. sie darf nur so weit gehen, als tatsächlich ein öffentliches oder privates Interesse gefährdet wäre oder werden könnte, wenn die betreffenden Informationen öffentlich gemacht würden.
Der Zugang darf indessen grundsätzlich nicht auf einen bestimmten Adressatenkreis eingeschränkt werden, sondern nur auf Teile eines Dokuments.
Der Zugang kann dann gänzlich verweigert werden, wenn der nach Entfernung der sensitiven Passagen oder Teile verbleibenden Rest eines Dokuments keinerlei Sinn mehr ergeben würde (vgl. Ziff. 6.2.3: Vollständiges Einschwärzen).
Verweise: Art. 7 Abs. 1 BGÖ; BBl 2003 2005 ff.
Frage: Können die Gesuchstellenden frei wählen, wie und wo sie Einsicht nehmen wollen?
Antwort: Die Gesuchstellenden haben die Wahl, die gewünschten amtlichen Dokumente entweder vor Ort einzusehen oder Kopien dieser Dokumente anzufordern, es sei denn das Dokument würde durch den Kopiervorgang beeinträchtigt oder beschädigt.
Die Einsichtnahme in die Dokumente erfolgt bei der Behörde, die für die Bearbeitung des Zugangsgesuchs zuständig ist.
Die Gesuchstellenden können grundsätzlich wählen, ob sie eine Papierkopie, eine elektronische Kopie eines Dokuments oder eine Kopie in anderer Form (wenn es sich beim verlangten amtlichen Dokument z.B. um ein Tonband handelt) erhalten möchten. Die Gesuchstellenden können auch Dokumente bei einer Einsichtnahme vor Ort selbst kopieren (zulässig ist z.B. auch das Fotografieren mit eigener Digitalkamera).
Verweise: Art. 6 Abs. 2 BGÖ; Art. 4 und 5 VBGÖ; BBl 2003 2002 f.
6.2. Fragen 2012
Frage: Wie sollen umfangreiche Gesuche behandelt werden?
Antwort: Wenn die Behörde ein Gesuch erhält, in welchem eine grosse Anzahl an Dokumenten verlangt wird, empfiehlt es sich mit dem Zugangsgesuchsteller in Kontakt zu treten. Ein Gesuch, das durch seinen allgemeinen Charakter die Verwaltung dazu zwingt, längere Nachforschungen zu betreiben, ist nicht an sich schon missbräuchlich. Das direkte Gespräch ermöglicht es der Behörde und der gesuchstellenden Person, allenfalls das Gesuch zu präzisieren und die Anzahl der Dokumente einzuschränken: Die Behörde kann von der gesuchstellenden Person einerseits verlangen, dass sie ihr Zugangsgesuch präzisiert (Art. 7 Abs. 3 VBGÖ). Anderseits ist sie aber auch verpflichtet, ihr Auskunft über die verfügbaren amtlichen Dokumente zu geben und sie bei seinem Vorgehen zu unterstützen (Art. 3 Abs. 1 VBGÖ). Dies bedeutet, dass sie ihr beispielsweise einen Auszug aus ihrem Dokumentenmanagementsystem oder – sofern kein solches vorhanden ist – eine Liste mit den vorhandenen Dokumenten zukommen lassen muss. Dies gibt der gesuchstellenden Person die Möglichkeit, ihr Gesuch zu präzisieren und dessen Ausmass besser einschätzen zu können.
Macht die gesuchstellende Person nicht innert 10 Tagen die für die Identifizierung der verlangten Dokumente zusätzlich erforderlichen Angaben, so gilt das Gesuch als zurückgezogen (Art. 7 Abs. 4 VBGÖ).
Sofern die Erstellung einer Dokumentenliste einen besonderen Aufwand mit sich bringt, kann sie gestützt auf Artikel 12 Absatz 2 BGÖ bzw. Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe c BGÖ i.A. Artikel 10 VBGÖ eine Fristverlängerung für die Bearbeitung des Gesuches ausbedingen.
Verweise: Empfehlung des Beauftragten vom 3.04.2009 (EStV/Cockpits und Amtsreportings); Entscheid BVGer A-3631/2009 vom 15.09.2009; Handkommentar BGÖ, Art. 10 Rz. 30 ff.; BBl 2003 2020.
Frage: Gibt es konkrete Richtlinien für das Einschwärzen von Dokumenten?
Antwort: Das BGÖ und auch die Botschaft enthalten keine klaren Vorgaben, wie Anonymisierungen oder Abdeckungen (wie Einschwärzungen/Einweissungen) von Textpassagen vorgenommen werden müssen. Es entspricht dem Sinn und Zweck des Öffentlichkeitsgesetzes, wenn für die gesuchstellende Person ersichtlich ist, welche Textpassagen genau in einem Dokument von der Behörde anonymisiert oder abgedeckt worden sind. Eine Anonymisierung oder Abdeckung von bestimmten Textpassagen muss daher in einer Art und Weise erfolgen, dass für ersichtlich ist, welche Teile des Dokumentes so bearbeitet wurden. Dies kann einerseits durch Einschwärzen oder durch eine andere Kennzeichnung erfolgen (z.B. durch Auslassungszeichen […]). Ein Einweissen eines Textes hat den Nachteil, dass nicht in jedem Fall nachvollzogen werden kann, welche Teile und in welchem Umfang Textpassagen abgedeckt worden sind. Aus diesem Grund sollte auf das Einweissen von Texten grundsätzlich verzichtet werden. Anders verhält es sich, wenn die Behörde die eingeweissten Stellen zusätzlich kennzeichnet.
Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 6 Rz. 31 ff., Art. 9 Rz. 30 ff.; Empfehlung des Beauftragten vom 28.07.2008 (EDA/Projektunterlagen DEZA).
Frage: Inwieweit ist der Zugang zu Sitzungsprotokollen zu gewähren, die mit einem Thema zusammenhängen, über das der Entscheid noch nicht gefallen ist, oder die Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Soll er verweigert werden oder sind die grössten Teile der Protokolle abzudecken?
Antwort: Das BGÖ sieht drei Arten der Zugangseinschränkung vor: Die Behörde kann den Zugang nicht nur verweigern, sondern diesen auch einschränken oder aufschieben. Im konkreten Fall muss dabei das Verhältnismässigkeitsprinzip berücksichtigt werden. Der Zugang darf also nicht allein deshalb verweigert werden, weil das Dokument einzelne geheime Informationen enthält. In diesem Fall muss ein eingeschränkter Zugang gewährt werden (vgl. Ziff. 6.1.5: Teilweiser Zugang).
Der Zugang zu Dokumenten, welche die Grundlage für einen politischen oder administrativen Entscheid bilden, kann gemäss Artikel 8 Absatz 2 BGÖ aufgeschoben werden. Da fast jedes Dokument die Grundlage eines solchen Entscheides ist, könnte eine weite Auslegung des Artikel 8 Absatz 2 BGÖ das Öffentlichkeitsgesetz aushebeln. Daher ist ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Dokument und dem jeweiligen konkreten politischen oder administrativen Entscheid erforderlich. Das Dokument muss zudem für diesen Entscheid von beträchtlichem materiellem Gewicht sein.
Die freie Meinungs- und Willensbildung der Behörde wird auch nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a BGÖ geschützt. Im Gegensatz zu den übrigen Ausnahmebestimmungen nach Artikel 7 Absatz 1 BGÖ ist jedoch in diesem Fall für die Beschränkung des Zugangs das Risiko einer wesentlichen Beeinträchtigung nachzuweisen.
Dokumente können nur ausnahmsweise integral als Geschäftsgeheimnis erklärt werden). In der Regel sind die entsprechenden Textpassagen im Einzelnen immer abzudecken (vgl. Ziff. 5.2.1: Geschäfts- und Fabrikationsgeheimisse).
Verweise: Handkommentar BGÖ, Art. 8 Rz. 30, Art. 7 Rz. 15 und Rz. 43 f.; Empfehlung des Beauftragten vom 6.07.2011 (SECO/Vollzugskostenbeiträge PLK).
Frage: Wie sollten Anfragen gemäss BGÖ und reine Presseanfragen statistisch korrekt erfasst werden?
Antwort: Das Öffentlichkeitsgesetz verleiht jeder Person ein subjektives Zugangsrecht. Wenn ein Journalist Zugang zu einem amtlichen Dokument verlangt, ist daher das Verfahren nach Öffentlichkeitsgesetz zu beachten und damit auch die Vorgaben für die korrekte Erfassung der gemäss Artikel 21 VBGÖ verlangten Informationen. Es liegt in der Kompetenz der Behörde, wie sie die Statistik in Berücksichtigung des BGÖ möglichst rationell organisiert. Reine Presseanfragen, d.h. Anfragen, die nicht den Zugang zu einem amtlichen Dokument verlangen, unterliegen nicht dem BGÖ.
Verweise: Erläuterungen VBGÖ Ziff. 8.
7. Verfahren
7.1. Fragen 2006–2011
Frage: Welche Rechtsnatur hat die Stellungnahme der Behörde und welche Formvorschriften gelten?
Antwort: Die Stellungnahme der Behörde kann darin bestehen, dass der Zugang gewährt wird (durch Zustellen einer Kopie oder durch Einsichtnahme vor Ort). Wird der Zugang beschränkt, aufgeschoben oder verweigert, so ist dies der gesuchstellenden Person schriftlich mitzuteilen.
Es handelt sich bei der Stellungnahme in Form der Mitteilung einer Zugangsbeschränkung aber nicht um eine Verfügung; eine solche wird erst im nachfolgenden Verfahren gegebenenfalls erlassen. Für die Mitteilung genügt daher ein einfacher Brief bzw. ein Standardformular.V
erweise: Art. 12 BGÖ; BBl 2003 2022.
Frage: Kann die gesuchstellende Person im Schlichtungs- und Beschwerdeverfahren gestützt auf ihr Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren Zugang zu den Dokumenten verlangen, deren Herausgabe strittig ist?
Antwort: Das Akteneinsichtsrecht der Parteien im Verwaltungsverfahren kann sich nicht auf diejenigen Dokumente beziehen, deren Zugänglichkeit gerade der Gegenstand des Verfahrens ist. Der Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte sowie die Beschwerdeinstanzen müssen also Massnahmen treffen, die sicherstellen, dass die gesuchstellende Person oder ihre Rechtsvertretung im Rahmen des Schlichtungs- und Beschwerdeverfahrens keine Einsicht in diese Dokumente nehmen können, deren Zugänglichkeit strittig ist.
Geht es um besonders heikle Informationen (z.B. um klassifizierte Dokumente), so ist denkbar, dass die Schlichtungs- oder Beschwerdeinstanz vor Ort Einsicht in die fraglichen Dokumente nimmt, sodass die fraglichen Dokumente überhaupt nicht Teil der Verfahrensakten werden. Eine Einsichtnahme in die Dokumente wird indessen nicht immer erforderlich sein. Im Allgemeinen wird die Frage der Zugänglichkeit besonders heikler Informationen schon aufgrund der Natur dieser Informationen bzw. der betroffenen Kategorien von Dokumenten beurteilt werden können.
Frage: Kann eine Behörde, die den Zugang zu amtlichen Dokumenten beschränkt oder verweigert, Beschwerde vor Bundesgericht führen, wenn das Bundesverwaltungsgericht ihre Verfügung nicht schützt?
Antwort: Weder das Öffentlichkeitsgesetz noch die Öffentlichkeitsverordnung sehen eine besondere Behördenbeschwerde vor. Ein Amt – oder eine andere nachgeordnete Verwaltungseinheit – kann daher keine Beschwerde beim Bundesgericht gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts führen. Es könnte einzig das Interesse an der richtigen Auslegung des Bundesrechts geltend machen, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts keine ausreichende Legitimation darstellt. Das im betreffenden Sachbereich zuständige Departement dagegen kann Beschwerde führen, ohne weitere Anforderungen erfüllen zu müssen.
Verweise: Art. 89 Abs. 2 Bst. a Bundesgerichtsgesetz (BGG; SR 173.110).
7.2. Fragen 2012
Frage: Welches sind die Rechte der betroffenen Dritten (z.B. Verfügungsadressaten oder Verfasser von Schreiben an die Verwaltung) in einem Zugangsverfahren?
Antwort: Bis zur Eröffnung eines Verfahrens auf Erlass einer Verfügung (Art. 15 Abs. 1 und 2 BGÖ) richten sich die Verfahrensrechte Dritter insbesondere nach den Artikeln 11 und 13 Absatz 1 Buchstabe c BGÖ. Für das weitere Verfahren gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz (Art. 1 Abs. 1 VwVG und Art. 16 Abs. 1 BGÖ). Wegen Artikel 48 Absatz 1 Buchstabe a VwVG und des Grundsatzes der Einheit des Verfahrens muss der Parteibegriff des VwVG schon bei der Anwendung der Artikel 10–14 BGÖ beachtet werden.Verweise: Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VVwVG; SR 172.021); Entscheid BVGer A-4356/2010 vom 25.01.2011; Entscheid BGer 2C_234/2011 vom 23.08.2011.
Frage: „Parteistellung“ der verschiedenen Involvierten im Stadium des Erlasses einer Verfügung und im Rechtsmittelverfahren (z.B. Stellung der gesuchstellenden Person, wenn einzig der gemäss Art. 11 BGÖ angehörte Dritte den Erlass einer Verfügung verlangt).
Antwort: Kommt es zu einem Schlichtungsverfahren (Art. 13 BGÖ) sowie allenfalls zu einem Verfahren auf Erlass einer Verfügung (Art. 15 BGÖ), so sind in diesen Verfahren die gesuchstellende Person und die nach Artikel 11 BGÖ anzuhörenden Dritten Partei. Im Schlichtungsverfahren hat ausserdem die Behörde (Art. 10 Abs. 1 BGÖ) Parteistellung. Die Dritten können durch entsprechende Erklärung auf die Teilnahme am Verfahren verzichten, was allerdings den Verlust des Beschwerderechts zur Folge hat (Art. 48 Abs. 1 Bst. a VwVG). Hält die gesuchstellende Person ihr Begehren nicht aufrecht, so ist das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben. Sollten sich mehr als 20 Parteien mit gleichen Interessen am Verfahren beteiligen, könnte eine gemeinsame Vertretung verlangt werden (Art. 11a VwVG).
Im Verfahren auf Erlass einer Verfügung sind alle Parteien anzuhören, auch jene, die keine Verfügung verlangt haben. Ausgenommen sind Parteien, die bereits im Schlichtungsverfahren auf die Teilnahme verzichtet haben.
Für die Parteistellung im Beschwerdeverfahren gelten die üblichen Regeln (Art. 6 und 48 VwVG; Art. 89 BGG).
Verweise: Entscheid BVGer A-4356/2010 vom 25.01.2011, E. 5.1; Marino Leber, Parteistellung im Verwaltungsverfahren, in: Isabelle Häner / Bernhard Waldmann [Hrsg.], Das erstinstanzliche Verwaltungsverfahren, Zürich 2008, S.17 ff.
Frage: Wie sind die Beteiligungsrechte betroffener Dritter in diesen Verfahren zu gewährleisten, damit einerseits die Dritten ihrer Rechte durch einen zu späten Einbezug nicht verlustig gehen und andererseits das Verfahren nicht übermässig verzögert wird?
Antwort: Die im betreffenden Verfahrensstadium mit der Verfahrensleitung betraute Behörde hat dafür zu sorgen, dass die Parteirechte, insbesondere das Recht auf Anhörung (Art. 31 bzw. 57 Abs. 1 VwVG), gewahrt werden. Parteien, deren Begehren die verfügende Behörde voll entsprechen will, müssen nicht angehört werden (Art. 30 Abs. 2 Bst. c VwVG). In Anbetracht der gesetzlichen Bearbeitungsfristen müssen den Parteien kurze Fristen gesetzt werden. Bei Verfahren mit mehreren Beteiligten wird die Einhaltung der Bearbeitungsfrist nach Artikel 15 Absatz 3 BGÖ aber nicht immer möglich sein. Davon geht wohl auch Artikel 12 Absatz 2 BGÖ aus.
Frage: Ist es korrekt, auf die Anhörung des Dritten zu verzichten, wenn eine Verfügung ein nicht anonymisierbares Personendatum enthält?
Antwort: Die Behörde kann auf die Anhörung von Personen, deren Personendaten in den fraglichen amtlichen Dokumenten enthalten sind, dann verzichten, wenn eine summarische Prüfung der Rechtslage ergibt, dass eine Gewährung des Zugangs nicht in Betracht kommt, auch nicht unter Berücksichtigung von Artikel 9 Absatz 2 BGÖ (Umkehrschluss aus Art. 11 Abs. 1 BGÖ). Erscheint es umgekehrt offenkundig, dass nach Artikel 9 Absatz 2 BGÖ in Verbindung mit Artikel 19 DSG Personendaten auch ohne Zustimmung der betroffenen Person bekannt gegeben dürfen, so erlaubt dies nicht einen Verzicht auf die Anhörung dieser Person. Es muss ihr die Möglichkeit gegeben werden, die provisorische Würdigung der Behörde zu bestreiten.
Stellt sich aufgrund eines Schlichtungsantrags des Gesuchstellers oder der Gesuchstellerin heraus, dass eine Gewährung des Zugangs in Betracht kommt, so kann der EDÖB die Behörde auffordern, eine bisher unterlassene Anhörung nach Artikel 11 Absatz 1 BGÖ nachzuholen. Diese Kompetenz kann einerseits auf Artikel 12b Absatz 1 VBGÖ gestützt werden, andererseits auf die Überlegung, dass es nicht dem Sinn des gesetzlich festgelegten Verfahrensablaufs entsprechen würde, wenn sich betroffene Dritte erst an der Schlichtungsverhandlung äussern könnten.
Frage: Wie ist das Akteneinsichtsrecht in Vorakten im Verfahren vor der Rechtsmittelinstanz durch Verfahrensbeteiligte?
Antwort: Die Parteien haben – unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen – Anspruch auf Akteneinsicht (Art. 26–28, 57 Abs. 1 VwVG). Das Einsichtsrecht erstreckt sich auch auf die Akten der Vorinstanzen (Vorakten). Zur Einsicht in die Akten, auf die sich das umstrittene Zugangsgesuch bezieht, vgl. Ziff. 7.1.2.
Frage: Welches sind bezüglich der ausserparlamentarischen Kommissionen die für die Bearbeitung konkreter Gesuche zu Kommissionsdokumenten zuständigen Behörden (Kommissionen, Ämter)?
Antwort: Verwaltungskommissionen sind ausserparlamentarische Kommissionen, die beratende oder vorbereitende Funktionen haben. Sie sind administrativ einem Departement zugeordnet. Sie sind Teil der dezentralen Bundesverwaltung und fallen unter den Geltungsbereich des BGÖ (vgl. Ziff. 2.1.4: Geltung für ausserparlamentarische Kommissionen).
Eine ausserparlamentarische Kommission kann ohne formellgesetzliche Grundlage über keine Entscheidkompetenz verfügen. Da das BGÖ selbst keine Entscheidkompetenz an spezifische Organe erteilt, muss die Verfügung also von einer anderen Behörde erlassen werden. Die einzige Behörde, die in Frage kommt, ist die Aufsichtsbehörde. Auch wenn das Departement, dem die Kommission zugeordnet ist, sicherstellen muss, dass diese ihre Aufgaben unabhängig erfüllen kann, ist es dennoch zuständig für die administrative Aufsicht über die Kommission. Die Behörde, die die administrative Aufsicht ausübt, ist deshalb auch subsidiär zuständig für den Erlass einer Verfügung, wenn das Organ, das sie beaufsichtigt, selbst keine Entscheidkompetenz hat.
Deshalb ist es Sache des Departements bzw. des Amts, dem eine Verwaltungskommission zugordnet ist, eine Verfügung gemäss Artikel 15 BGÖ zu erlassen.
Verweise: Art. 57a Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG, SR 172.010) und Art. 8a der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV, SR 172.010.1); Entscheide BVGer A-1135/2011 vom 7.12.2011 und A-3192/2010 vom 17.06.2011.
7.3. Fragen 2013
Frage: Darf eine Behörde A. einen Gesuchsteller für Dokumente, die nicht von ihr selbst verfasst wurden, sondern ihr lediglich als Hauptadressatin zugestellt wurden an die Behörde B. (als Autorin) weiterverweisen, sofern Behörde B. ebenfalls dem BGÖ untersteht? Wie ist vorzugehen, wenn die Behörde A. die Dokumente der Behörde B. überarbeitet und dadurch zumindest partiell Mitautorin wird?
Antwort: Nach Artikel 10 BGÖ ist das Gesuch um Zugang zu amtlichen Dokumenten an die Behörde zu richten:
- die das Dokument erstellt hat; oder
- die das Dokument von Dritten, die nicht dem BGÖ unterstehen, als Hauptadressatin erhalten hat.
Wird ein Dokument von einer dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellten Behörde erstellt und leitet diese das Dokument an eine Behörde weiter, für die ebenfalls das Öffentlichkeitsgesetz gilt, ist das Zugangsgesuch an die Behörde zu richten, die das Dokument erstellt hat.
In bestimmten Fällen können die Dokumente aber auch mehrere Behörden betreffen. Artikel 11 VBGÖ sieht dafür die folgenden Koordinationsregeln vor:
a. Wurde das Dokument, für das um Zugang ersucht wird, durch mehrere Behörden gemeinsam erarbeitet, so wird gemäss Absatz 1 die Stellungnahme durch die federführende Behörde abgegeben (Kriterium «Federführung»). Die zuständige Behörde kann die andern betroffenen Behörden anhören, muss sie aber nicht.
b. Bezieht sich das Gesuch auf mehrere Dokumente, die das gleiche Geschäft betreffen und die durch verschiedene dem Öffentlichkeitsgesetz unterstehende Behörden erstellt oder empfangen wurden, so wird gemäss Absatz 2 die Stellungnahme nur von einer Behörde abgegeben. Auch in diesem Fall liegt die Zuständigkeit bei der federführenden Behörde. Diese kann die andern beteiligten Behörden anhören.
c. Ist die Federführung keiner Behörde zugewiesen, so legen die beteiligten Behörden die Zuständigkeit zur Stellungnahme unter sich fest (Abs. 3). Die stellungnehmende Behörde stellt das Einvernehmen mit den übrigen beteiligten Behörden her. Sie muss also die Zustimmung jeder beteiligten Behörde einholen. Kommt kein Einvernehmen zustande, hat jede Behörde zu den Dokumenten Stellung zu nehmen, die sie erstellt oder als Hauptadressatin empfangen hat.
d. Bezieht sich ein Zugangsgesuch auf ein Dokument, das eine Behörde auf Ersuchen einer andern Behörde ausgearbeitet hat, so muss diese ersuchende Behörde von der zuständigen Behörde vor der Stellungnahme angehört werden (Abs. 4). Mit «Ersuchen» ist gemeint, dass eine Behörde ein Dokument auf der Grundlage von genauen Vorgaben einer andern Behörde erstellt. In einem solchen Fall muss die Behörde, die das Dokument erstellt hat, vor ihrer Stellungnahme die «auftraggebende» Behörde anhören.
Es stellt sich auch die Frage, wie vorzugehen ist, wenn die Behörde A ein Dokument der Behörde B überarbeitet und so Mitautorin des Dokuments wird. Es handelt sich in diesem Fall um ein Dokument, das von zwei Behörden erstellt wurde. Gemäss Artikel 11 Absatz 1 VBGÖ muss die federführende Behörde bestimmt werden. Kann die Federführung keiner Behörde zugewiesen werden, so müssen die Behörden A und B nach Artikel 11 Absatz 3 VBGÖ die Zuständigkeit unter sich festlegen.
Wird ein Gesuch irrtümlicherweise bei einer Behörde eingereicht, die nicht Urheberin oder Adressatin des verlangten Dokumentes ist, so obliegt es der angefragten Behörde, das Gesuch von Amtes wegen und unverzüglich der zuständigen Stelle weiterzuleiten.
Verweise: Kommentar VBGÖ Ziff. 4; Handkommentar BGÖ, Art. 10 Ziff. 17 und Art. 12 Ziff. 5 ff.
Frage: Darf der Name der gesuchstellenden Person aus datenschutzrechtlicher Sicht ohne ihre Einwilligung den betroffenen Dritten bekanntgegeben werden? Wie ist bei solchen Anfragen jeweils vorzugehen? Wie sieht es verwaltungsintern aus, dürfen die Namen der Gesuchsteller verwaltungsintern weitergegeben werden?
Antwort: Art. 1 VDSG sieht vor, dass eine Person, die Auskunft über ihre eigenen Daten verlangt, sich über ihre Identität ausweisen muss. Das Konzept im Öffentlichkeitsgesetz unterscheidet sich demgegenüber fundamental vom Datenschutzgesetz. Nach Art. 6 Abs. 1 BGÖ hat jede Person das Recht auf Zugang zu einem amtlichen Dokument, weshalb grundsätzlich kein Anlass besteht, die Identität der gesuchstellenden Person zu überprüfen. Die Einsicht nach Öffentlichkeitsgesetz bezieht sich denn auch auf fremde und nicht auf eigene Daten. Sofern das Verfahren nach Öffentlichkeitsgesetz anwendbar ist, sehen die Formvorschriften für die Eingabe eines Zugangsgesuches nach Art. 10 Abs. 3 BGÖ und Art. 7 VBGÖ keine Identitätsprüfung vor. In praktischer Hinsicht gilt der Grundsatz der Nichtüberprüfung der Identität nur mit Einschränkungen. Eine Prüfung der Identität kann aus Sicherheitsgründen für die Zugangskontrolle bei der Einsicht vor Ort verlangt werden. Ebenso ist es selbstverständlich, dass die gesuchstellenden Personen Namen und Adresse angeben müssen, wenn die Bearbeitung des Gesuches voraussichtlich kostenpflichtig ist. Schliesslich muss, wenn eine postalische Zustellung verlangt wird, die Identität und Adresse bekannt sein.
Die Identität der gesuchstellenden Person darf aber in der Phase der Stellungnahme einer Behörde der angehörten Drittperson nicht bekannt gegeben werden, es sei denn, die gesuchstellende Person sei damit einverstanden.
Verwaltungsintern darf der Name des Gesuchstellers im Rahmen eines Zugangsgesuchsverfahrens mit seiner Zustimmung oder gestützt auf Art. 19 Abs. 1 Bst. a DSG bekannt gegeben werden. Es gibt Fälle, in welchen die Behandlung des Zugangsgesuches eine Koordination bzw. eine Mitwirkung mehrerer Behörden erfordert (Art. 11 VBGÖ). Damit wird der Name des Gesuchstellers mehreren Behörden bekannt.
In Schlichtungsverfahren wird die Identität des Gesuchstellers nur mit dessen Einwilligung bekannt gegeben. Allerdings ist zu beachten, dass in einer mündlichen Schlichtungsverhandlung (Art. 12b Abs. 2 Bst. c VBGÖ) oder in einem allfälligen nachfolgenden Verwaltungsverfahren die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich einander bekannt werden.
Verweise: BBl 2003 2001, 2003 f; Handkommentar BGÖ, Art. 6 Rz. 23, Handkommentar BGÖ Art. 10 Rz 31.
Frage: Welchen Parteien muss die Behörde eine Verfügung im Sinne von Artikel 15 BGÖ eröffnen?
Antwort: Im Verfahren auf Erlass einer Verfügung sind Gesuchsteller und betroffene Dritte anzuhören, auch jene, die keine Verfügung verlangt haben. Ausgenommen sind Parteien, die bereits im Schlichtungsverfahren auf die Teilnahme verzichtet haben. Eine Verfügung nach Art. 15 BGÖ ist allen Parteien schriftlich zu eröffnen (Art. 34 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 BGÖ).
Zur Frage, wer Partei ist, gilt Folgendes: Kommt es zu einem Schlichtungsverfahren (Art. 13 BGÖ) sowie allenfalls zu einem Verfahren auf Erlass einer Verfügung (Art. 15 BGÖ), so sind in diesen Verfahren die gesuchstellende Person und die nach Artikel 11 BGÖ anzuhörenden Dritten Partei. Im Schlichtungsverfahren hat ausserdem die Behörde (Art. 10 Abs. 1 BGÖ) Parteistellung. Die Dritten können durch entsprechende Erklärung auf die Teilnahme am Verfahren verzichten, was allerdings den Verlust des Beschwerderechts zur Folge hat (Art. 48 Abs. 1 Bst. a VwVG). Hält die gesuchstellende Person ihr Begehren nicht aufrecht, so ist das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben.
Für die Parteistellung im Beschwerdeverfahren gelten die üblichen Regeln (Art. 6 und 48 VwVG; Art. 89 BGG).
8. Gebühren
8.1. Fragen 2006–2011
Frage: Wie kann die Behörde feststellen, dass die gesuchstellende Person bedürftig ist?
Antwort: Es ist an der gesuchstellenden Person, die Bedürftigkeit nachzuweisen. Sie kann zu diesem Zweck beispielsweise Steuerbelege oder andere Unterlagen vorweisen, aus denen ihre Bedürftigkeit hervorgeht.
Verweise: Art. 15 VBGÖ; Art. 13 Allgemeine Gebührenverordnung (AllGebV; SR 172.041.1); BBl 2003 2022.
Frage: Trifft es zu, dass auch dann Gebühren fällig werden, wenn der Zugang nur teilweise oder gar nicht gewährt wird?
Antwort: Das BGÖ sieht den Grundsatz der Gebührenpflicht für den Zugang zu amtlichen Dokumenten vor. Die Verordnung mildert diesen Grundsatz ab, indem sie vorsieht, dass die Behörde die Gebühr erlassen oder reduzieren kann, wenn der Zugang verweigert oder nur teilweise gewährt wird.
Verweise: Art. 17 BGÖ; Art. 15 Abs. 3 VBGÖ; BBl 2003 2026 f.
Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Vorschuss oder eine Vorauszahlung der Gebühren verlangt werden?
Antwort: In begründeten Fällen, namentlich dann, wenn die gesuchstellende Person ihren Wohnsitz im Ausland hat oder wenn Zahlungsrückstände vorliegen, kann ein angemessener Vorschuss verlangt werden. Sind die zu erwartenden Kosten von Vornherein bekannt, kommt auch eine Vorauszahlung in Frage. Liegen aber keine besonderen Umstände vor, so sind die Gebühren in Rechnung zu stellen.
Verweise: Art. 14 VBGÖ; Art. 10 Allgemeine Gebührenverordnung (AllGebV, SR 172.041.1).
8.2. Fragen 2012
Frage: In welchen Fällen sollen Gebühren verlangt werden? Kann man die Ansicht vertreten, dass grundsätzlich für jedes Zugangsgesuch eine Grundgebühr verlangt werden sollte, da bereits die Prüfung einen Aufwand verursacht?
Antwort: Für den Zugang zu amtlichen Dokumenten wird in der Regel eine Gebühr erhoben (Art. 17 Abs. 1 BGÖ). Dem Ausdruck «in der Regel» entspricht die französische Formulierung «en principe». In der italienischen Fassung hingegen fehlt fälschlicherweise ein solcher Ausdruck. Die deutsche Fassung entspricht dem Willen des Gesetzgebers.
Auch wenn das BGÖ den Grundsatz des gebührenpflichtigen Zugangs zu den amtlichen Dokumenten vorsieht, kann die Behörde nicht für jedes Zugangsgesuch eine Grundgebühr verlangen, ohne zu prüfen, ob die im BGÖ vorgesehenen Ausnahmen im konkreten Fall anwendbar sind (Art. 14 VBGÖ). Zudem geht aus den Formulierungen «in der Regel» hervor, dass die Behörde einen gewissen Ermessensspielraum hat beim Entscheid, ob sie eine Gebühr erhebt oder nicht. Sie kann also weitere Umstände berücksichtigen, zum Beispiel die Gründe für die Herabsetzung oder den Erlass der Gebühr nach den Artikeln 3 und 13 der Allgemeinen Gebührenverordnung (AllgGebV; SR 172.041.1), unter Vorbehalt der Spezialbestimmungen nach der Öffentlichkeitsverordnung (Art. 14 VBGÖ).
Die Behörde erhebt in den folgenden Fällen keine Gebühr (Art. 17 BGÖ und Art. 15 VBGÖ):
- wenn die Bearbeitung eines Gesuchs einen geringen Aufwand erfordert: dies ist der Fall, wenn die Kosten für die Gebührenerhebung höher sind als die Kosten der erbrachten Leistung;
- für Kosten von weniger als CHF 100.–;
- Kosten, die sich aus der Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ergeben;
- für Schlichtungsverfahren;
- für Verfahren auf Erlass einer Verfügung.
Die zuständige Behörde kann eine Gebühr erheben, wenn die Bearbeitung eines Gesuchs einen grossen Aufwand erfordert, wenn es sich um ein missbräuchliches Gesuch handelt oder wenn ein Gesuch ganz offensichtlich bei einer Behörde nur eingereicht wird, um ihr die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu erschweren. Die Behörde kann auf die Gebührenerhebung verzichten oder die Gebühr reduzieren, wenn sie das Zugangsgesuch ablehnt oder den Zugang nur teilweise gewährt (Art. 15 Abs. 3 VBGÖ).
Vergleiche auch Ziffer 8.2.6: Gebühr für ein Zugangsgesuch einer Journalistin oder eines Journalisten.
Verweise: BBl 2003 2026 f.; Erläuterungen VBGÖ Ziff. 6.
Frage: Muss die für nachfolgende Zugangsgesuche erhobene Gebühr gleich hoch sein wie für das erste Zugangsgesuch?
Antwort: Sind die Kosten für die Bearbeitung von Gesuchen um Zugang zu Dokumenten, die bereits bei einem früheren Gesuch zugänglich gemacht wurden, niedriger als diejenigen für die Bearbeitung des früheren Gesuchs, so ist die Gebühr entsprechend anzupassen. Der Grundsatz der Kostendeckung wird folglich höher gewichtet als der Grundsatz des gleichen Zugangs für jede Person.
Frage: Wie sollen die Kosten für die getätigten Aufwände berechnet werden?
Antwort: Die Gebühren werden gemäss der Allgemeinen Gebührenverordnung nach dem Grundsatz der Kostendeckung bemessen; die Gebühren betragen also insgesamt nicht mehr als der Gesamtaufwand der Verwaltungseinheit.
Die Behörde schätzt beim Erhalt eines Zugangsgesuchs die voraussichtlichen Kosten. Übersteigen diese CHF 100. –, so informiert die Behörde die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller über die zu erwartende Höhe der Gebühr (Art. 16 Abs. 2 VBGÖ). Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller muss das Gesuch innert 10 Tagen bestätigen; andernfalls gilt es als zurückgezogen.
Für die Festlegung der Gebühr muss die Behörde die durch die Erledigung des Zugangsgesuchs entstandenen Kosten gemäss der im Gebührentarif der Öffentlichkeitsverordnung enthaltenen Beschreibung berechnen, nämlich:
- die für die Prüfung der Dokumente aufgewendete Zeit (Lektüre der Dokumente, rechtliche Prüfung und Konsultation von Fachpersonen wie Öffentlichkeitsberaterinnen und -beratern, Juristinnen und Juristen, Fachleute des betroffenen Bereichs, Anhörung betroffener Dritter);
- der Zeitaufwand für die Vorbereitung der Dokumente, z.B. das Einschwärzen gewisser Passagen;
- der Zeitaufwand für das Kopieren der Dokumente;
- die Anzahl und die Form der verlangten Kopien.
Hingegen stellt die Behörde mangels rechtlicher Grundlage im Gebührentarif folgende Aufwände nicht in Rechnung:
- den Zeitaufwand für die Suche der Dokumente im eigenen Geschäftsverwaltungssystem;
- Besprechungen mit der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller;
- den Zeitaufwand für die Vorbereitung der Stellungnahme;-
- den Zeitaufwand für die Vorbereitung der Schlichtungsverhandlung;
- die Dauer der Schlichtungsverhandlung beim EDÖB;
- den Zeitaufwand für die Prüfung der Empfehlung des EDÖB im Hinblick auf den Entscheid über das Zugangsgesuch;
- den Zeitaufwand für die Vorbereitung der Verfügung;
- die Versandkosten.
Bei der Berechnung der Gebühr muss die Behörde ausserdem im konkreten Fall vorliegende besondere Umstände berücksichtigen (Bedürftigkeit der gesuchstellenden Person, öffentliches Interesse, teilweise abgelehntes Gesuch).
Verweise: Erläuterungen VBGÖ, Ziff. 6.
Frage: Ist eine Gebührenerhebung auch in einem späteren Verfahrensstadium (z.B. nach Eingang der Empfehlung des EDÖB) möglich, wenn sich der Aufwand der Verwaltung grösser als erwartet herausstellt?
Antwort: Die Behörde schätzt beim Erhalt eines Zugangsgesuchs die voraussichtlichen Kosten. Übersteigen diese CHF 100. –, so informiert die Behörde die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller über die zu erwartende Höhe der Gebühr (Art. 16 Abs. 2 VBGÖ). Grundsätzlich stellt sie also nur die entstandenen Kosten innerhalb des Rahmens der voraussichtlichen Kosten, den sie der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller im Voraus mitgeteilt hat, in Rechnung.
Entscheidet die Behörde aber aufgrund einer Empfehlung des EDÖB, den Zugang zu den Dokumenten ganz oder teilweise zu gewähren, kann sie die zu erwartenden Kosten nochmals schätzen und muss die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller wie oben beschrieben gegebenenfalls informieren.
Frage: Kann bzw. soll eine Gebühr erhoben werden, wenn ein (freizugebendes) Dokument im Hinblick auf eine Publikation im Internet bearbeitet wird, es aber auf besonderen Wunsch einige Tage vorher einer Journalistin oder einem Journalist zugestellt wird?
Antwort: In einem solchen Fall sind keine Gebühren zu erheben. Bei der Bearbeitung des Gesuchs sind zu beachten: Frist von 20 Tagen für die Beantwortung des Gesuchs (Art. 12 Abs. 1 BGÖ), Aufschub des Zugangs nach Artikel 8 Absatz 2 BGÖ sowie noch nicht fertig gestelltes Dokument gemäss Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b BGÖ.
Besteht eine gesetzliche Verpflichtung für die Publikation, so kommt das BGÖ nicht zur Anwendung (Art. 4 Abs. 1 Bst. b BGÖ).
Frage: Inwieweit kann die Behörde für ein Zugangsgesuch einer Journalistin oder eines Journalisten eine Gebühr erheben?
Antwort: Das BGÖ sieht keinen kostenlosen Zugang zu amtlichen Dokumenten vor. Das gilt nach dem Grundsatz des gleichen Zugangs für jedermann (Art. 2 VBGÖ). Deshalb kann auch für Zugangsgesuche von Journalistinnen und Journalisten eine Gebühr erhoben werden; die Ausnahmen von der Gebührenpflicht gelten auch für Medienschaffende (siehe Ziff. 8.2.1: Fälle, in denen Gebühren verlangt werden).
Die Erhebung einer Gebühr kann jedoch kein Hindernis für die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung sein. Die Behörden verfügen über einen gewissen Ermessensspielraum, denn Artikel 17 Absatz 1 BGÖ legt fest, dass «in der Regel» eine Gebühr erhoben wird. Zudem haben der Bundesrat und die Departemente eine Informationspflicht, was eine besondere Rücksichtnahme auf die Interessen der Medien rechtfertigen kann (Art. 10 und 40 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes; RVOG, SR 172.010). Das Bundesgericht hat in Auslegung von Art. 3 Abs. 2 Bst. a AllGebV festgehalten, das für Medienschaffende grundsätzlich von einem öffentliches Interesse ausgegangen werden kann, das im Einzelfall zu einer Reduktion oder einem Verzicht der Gebührenerhebung führen kann. Im konkret zu beurteilenden Fall kam das Gericht zum Schluss, dass von einem besonders günstigen Gebührenansatz ausgegangen werden kann, sofern die Behörde nicht ohnehin im Rahmen ihres Ermessens auf eine Gebühr verzichtet.
Verweise: BBl 2003 2020 f.; Entscheid BGer 1C_64/2013 vom 26.4.2013, E. 4.3 und 4.4.
Frage: Bei welcher Instanz kann Beschwerde geführt werden, wenn ein Gesuchsteller oder eine Gesuchstellerin mit der Höhe der Gebühren nicht einverstanden ist?
Antwort: Die Behörde muss die gesuchstellende Person über die voraussichtlichen Kosten für die Gebühren informieren, sofern diese CHF 100. – übersteigen (16 Abs. 2 VBGÖ). Auch wenn die gesuchstellende Person das Zugangsgesuch bestätigt, behält sie das Recht, die Höhe der Gebühr zu bestreiten, die die Behörde am Ende des Zugangsverfahrens verlangt. Artikel 16 VBGÖ sieht als einzige Rechtsfolge vor, dass das Gesuch als zurückgezogen gilt, wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller es nicht bestätigt. Hingegen gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, die Bestätigung des Gesuchs so zu verstehen, dass die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller damit gleichzeitig darauf verzichtet, eine am Ende des Zugangsverfahrens in Rechnung gestellte Gebühr allenfalls zu bestreiten.
In diesem Stadium der Gesuchsbeurteilung (d.h. in Zusammenhang mit der Information über die voraussichtlichen Gebührenhöhe, Art. 16 Abs. 2 VBGÖ) kann daher kein Schlichtungsantrag eingereicht werden. Ausnahmsweise ist die Einreichung eines Schlichtungsantrags zu diesem Zeitpunkt zulässig, wenn der angekündigte Gebührenbetrag derart exzessiv ist, dass er in seiner Wirkung einer Zugangsbeschränkung bzw. -verweigerung gleichkommt.
Erhält die gesuchstellende Person teilweise Zugang zu den verlangten Dokumenten und bestreitet sie den ihr gewährten Zugang und die Höhe der erhobenen Gebühr, so kann sie beim EDÖB einen Schlichtungsantrag stellen. Die beiden Streitgegenstände sind eng verknüpft und sind deshalb in ein und demselben Verfahren zu behandeln.
Will die gesuchstellende Person hingegen nach der vollständigen oder teilweisen Gewährung des Zugangs zu den verlangten Dokumenten nur die Höhe der erhobenen Gebühr bestreiten, steht ihr das Schlichtungsverfahren nicht offen, da die Hauptfrage des Zugangs nicht bestritten wird. Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller kann dann von der zuständigen Behörde den Erlass einer Verfügung verlangen, die angefochten werden kann.
Verweise: Art. 13 Abs. 1 und 16 BGÖ; Art. 14 VBGÖ; Art. 11 Abs. 2 Allgemeine Gebührenverordnung (AllGebV, SR 172.041.1).
9. Umsetzung und zusätzlichen Fragen
9.1. Fragen 2012
Frage: Bestimmte Bundesbehörden sind für ihre Tätigkeit auf gegenseitiges Vertrauen angewiesen. Eine allzu weit gehende Einsichtspraxis kann dieses Vertrauen unterminieren und damit ihre Tätigkeit erschweren. Wie soll dieses Problem angegangen werden?
Antwort: Dieses Problem betrifft vor allem diejenigen Bereiche, in denen Bundesbehörden andere Behörden beaufsichtigen (z.B. die Eidgenössische Finanzkontrolle oder die Nachrichtendienstliche Aufsicht).
Das BGÖ sieht im Vertrauensverhältnis zwischen zwei Behörden keinen Grund für eine Einschränkung des Zugangs zu Dokumenten. Dies stände im Widerspruch zum Zweck des Gesetzes, die Transparenz über die Tätigkeit der Verwaltung zu fördern und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Institutionen zu stärken.
Das Gesetz sieht aber dennoch eine ganze Reihe von Ausnahmen vor (Art. 7 und 8 BGÖ), mit denen bestimmte Interessen geschützt werden können und mit denen dieses Problem in bestimmten Fällen berücksichtigt werden kann, zum Beispiel wenn mit der Veröffentlichung von Daten, die eine Behörde aufgrund eines Vertrauensverhältnisses erhalten hat, die Sicherheit der Schweiz gefährdet werden könnte (Art. 7 Abs. 1 Bst. c BGÖ). Zudem kann eine Aufsichtsbehörde, den Zugang zu einem amtlichen Dokument einschränken, wenn durch die Gewährung des Zugangs die freie Meinungs- und Willensbildung beeinträchtigt werden kann (Art. 7 Abs. 1 Bst. a BGÖ) oder die zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen beeinträchtigt würde (Art. 7 Abs. 1 Bst. b BGÖ).
Verweise: Empfehlung des Beauftragten vom 18.11.2010 (VBS/Inspektionsberichte ND-Aufsicht); Entscheid BVGer A-3443/2010 vom 18.10.2010; Urteil des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Oktober 2011 (8A 2593/10), Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. November 2012 (BVerwG 7 C 1.12)
Frage: Wie kann eine Datenbank mit Angaben zu pendenten (Journalisten-)Gesuchen und Entscheiden aufgebaut werden?
Antwort: Zunächst stellt sich die Frage, ob in dem System Personendaten im Sinne des DSG bearbeitet werden sollen, zum Beispiel Daten zur Gesuchstellerin oder zum Gesuchsteller oder zu betroffenen Dritten. Die Definition von «Personendaten» ist weit zu fassen, weil sie sämtliche Angaben umfasst, die sich auf eine bestimmte oder auch nur bestimmbare Person beziehen. Werden sämtliche in einer Datenbank enthaltenen Personendaten eingeschwärzt (wie z.B. in der Rechtsprechungsdatenbank des Bundesgerichts), so gelten die Anforderungen des DSG nicht. Denn das DSG bezweckt den Schutz der Persönlichkeit von natürlichen und juristischen Personen, nicht aber den Schutz der Daten an sich.
Enthält die Datenbank hingegen Personendaten, müssen die Anforderungen des DSG eingehalten werden; namentlich muss dafür eine gesetzliche Grundlage bestehen (Art. 19 Abs. 3 DSG und die Datenbearbeitung muss verhältnismässig und deren Zweck erkennbar sein.
Gemäss dem Verhältnismässigkeitsprinzip ist zu klären, ob die Behörden unbedingt einen Online-Zugriff gewähren müssen, um ihre gesetzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit dem Öffentlichkeitsprinzip erfüllen zu können. Rein praktische Gründe rechtfertigen keinen Online-Zugriff. Auch der Zweck der Datenbank muss entsprechend den Zielen des BGÖ definiert werden. Insbesondere darf die Datenbank nicht mit dem Ziel eingerichtet werden, dass das Zugangsrecht bestimmter Personen oder Personengruppen eingeschränkt wird, was dem Grundsatz des gleichen Zugangs für jede Person zuwiderlaufen würde («access to one access to all»).
Verweise: Leitfaden des BJ für die Erarbeitung der Rechtsgrundlagen für den Betrieb eines Systems zur automatisierten Bearbeitung von Personendaten.
Frage: Uneinheitliche Praxis bei der Gebührenerhebung?
Antwort: Das BJ und der EDÖB erinnern daran, dass der Zugang in der Regel kostenpflichtig ist, wobei Ausnahmen von der Gebührenpflicht vorgesehen sind. Die Ausführungen in Ziffer 8 sollten eine einheitliche Praxis ermöglichen. Gleichwohl kann es auch weiterhin aufgrund des Ermessensspielraums der Behörden gewisse Unterschiede geben (Art. 17 Abs. 1 BGÖ: «in der Regel»).
Verweise: Entscheid BVGer A 3363/2013 vom 22.04.2013; Entscheid BGer 1C_64/2013 vom 26.4.2013.
9.1. Fragen 2013
Frage: Wie wird die Koordination bei Mehrfachgesuchen sichergestellt?
Antwort: Die Sektion Information und Kommunikation der Bundeskanzlei stellt heute die koordinierte Behandlung der Zugangsgesuche der Medienschaffenden sicher. Wenn eine Journalistin oder ein Journalist bei mehreren Departementen ein Gesuch stellt, hört die Sektion Information und Kommunikation die betroffenen Departemente und die Sektion Recht der Bundeskanzlei an und erarbeitet eine koordinierte Antwort. Die interdepartementale Arbeitsgruppe «Datenschutz» stellt über die Öffentlichkeitsbeauftragten der Departemente die koordinierte Behandlung von Zugangsgesuchen sicher, die von Bürgerinnen und Bürgern bei mehreren Bundesstellen eingereicht werden.
Frage: Welche Rechte haben Personen, deren persönliche Daten in einem Dokument enthalten sind, das eine Behörde von Amtes wegen veröffentlichen will? Kommen die Verfahrensregeln des BGÖ in diesem Fall zu Anwendung?
Antwort: Artikel 19 DSG legt fest, unter welchen Voraussetzungen Bundesorgane Personendaten an Dritte bekanntgeben dürfen. Nach Absatz 1 muss für eine solche Bekanntgabe eine Rechtsgrundlage gegeben sein. Bevor die Behörde persönliche Daten an Dritte bekannt gibt, muss sie deshalb prüfen, ob die im gegebenen Fall anwendbare Gesetzgebung eine genügende Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe dieser Daten enthält und welche Voraussetzungen gegebenenfalls erfüllt sein müssen. Gibt es keine Rechtsgrundlage im Sinne von Artikel 17 DSG, so dürfen gemäss Artikel 19 Absatz 1 DSG die Bundesorgane in bestimmten Fällen persönliche Daten bekanntgeben, zum Beispiel wenn die betroffene Person im Einzelfall eingewilligt oder ihre Daten allgemein zugänglich gemacht hat.
Zudem dürfen Bundesorgane nach Artikel 19 Absatz 1bis DSG im Rahmen der behördlichen Information der Öffentlichkeit von Amtes wegen oder gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Personendaten bekannt geben, wenn die betreffenden Daten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen und an deren Bekanntgabe ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
Im Gegensatz zu den Verfahrensregeln nach dem BGÖ muss die Behörde, die ein Dokument von Amtes wegen veröffentlichen will, das Personendaten enthält, die betroffene Person nicht anhören. Sie muss nur die Vorgaben von Artikel 19 DSG einhalten. Die betroffene Person hat aber bestimmte Rechte. Die Veröffentlichung eines Dokuments, das persönliche Daten enthält, ist ein Realakt im Sinne von Artikel 25a des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Wer ein schutzwürdiges Interesse hat, kann gemäss dieser Bestimmung von der für den Realakt zuständigen Behörde eine Verfügung verlangen. Zudem kann die betroffene Person, die ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht, nach Artikel 20 DSG verlangen, dass die Bekanntgabe ihrer Personendaten gesperrt wird. Sie kann nach Artikel 25 DSG sich gegen jede widerrechtliche Bearbeitung ihrer Personendaten durch das verantwortliche Bundesorgan wehren und wenn nötig ihre Rechte gerichtlich durchsetzen.
Verweise: Handkommentar BGÖ, Einleitung, Rz. 87 f.; Handkommentar BGÖ, Art. 6 Rz. 66; Brunner, Persönlichkeitsschutz bei der behördlichen Information der Öffentlichkeit von Amtes wegen: Ein Leitfaden, in: ZBl 2010 595 ff.
Foire aux questions sur la mise en œuvre de la LTrans (PDF, 331 kB, 16.05.2023)(document intégral en français)
Dernière modification 04.03.2024